Am Wochenende niemand erreichbar – keine Versorgungsverbesserung durch Wochenendsprechstunde?

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Die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung in ländlichen Bezirken ist vielerorts ein Problem. Die Eröffnung von Zweigpraxen zur Sicherstellung oder Verbesserung der Versorgung scheint eine naheliegende Lösung für dieses Problem zu sein, insbesondere wenn durch die Eröffnung der Zweigpraxis zusätzliche Sprechzeiten angeboten werden, wie etwa an Wochenenden.

Dies sieht das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in einer aktuellen Entscheidung vom 07.09.2017 (– L 24 KA 26/16 –) allerdings anders.

Das zusätzliche Angebot Sprechzeiten am Freitagnachmittag und Samstagmorgen abzuhalten, begründet nach Ansicht des Gerichts keine Verbesserung der quantitativen vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlich versicherten Patienten. Zwar können besondere organisatorische Vorkehrungen wie etwa das Angebot von Abend- und Wochenendsprechstunden eine solche quantitative Verbesserung des Versorgungsangebots nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2009 – B 6 KA 42/08 R –). Dass eine beabsichtigte Zweigpraxis ein solches Angebot vorhalten will, führt aber nach Auffassung des Gerichts noch nicht zwingend dazu, dass eine Verbesserung der Versorgung im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV angenommen werden müsse.

Vielmehr handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nur um ein abwägungsrelevantes Element neben anderen, das von den zur Entscheidung berufenen Zulassungsgremien in Betracht zu ziehen ist. Das Landessozialgericht war dabei nicht der Auffassung, dass das Angebot des Arztes in der Zweigpraxis, zusätzliche Sprechzeiten am Freitagnachmittag und Samstagmorgen abzuhalten, ein Vorteil von einem solchen Gewicht ist, dass mögliche Nachteile dahinter zurücktreten müssten. Wenn sich das Angebot der Wochenendsprechzeiten insbesondere an ältere Menschen richten soll, die auf ihre Verwandten angewiesen sind, damit sie zum Arzt gebracht werden können, sei nach Ansicht des Gerichts zu bedenken, dass die Mobilität dieser Menschen an den Wochenenden dann eher höher ist als unter der Woche, wenn ihre berufstätigen Verwandten keine Zeit haben. Deswegen erscheint es dem Gericht nicht zwingend, dass nur ortsnahe Ärzte mit Sprechzeiten am Wochenende in der Lage sein könnten, den Versorgungsbedarf der Versicherten angemessen zu decken. Unter der Bedingung, dass die Versicherten ohnehin von ihren Verwandten, die nur am Wochenende Zeit haben, mit dem Auto zum Arzt gebracht werden, sei nach der Urteilsbegründung nicht ersichtlich, warum dann nicht auch ein etwas weiter entfernter praktizierender Arzt in Anspruch genommen werden könnte. Im Übrigen könnte der klagende Arzt den von ihm geltend gemachten Nöten der älteren Bevölkerung dadurch entgegnen, dass er Hausbesuche anbietet, was ebenfalls zur hausärztlichen Tätigkeit gehören würde.

Beurteilungsrelevante Nachteile bei ausschließlich angebotenen Wochenendsprechzeiten können sich nach Ansicht des Gerichts aber daraus ergeben, dass von den Versicherten für die weitere Behandlung unter der Woche ein anderer Arzt aufgesucht werden muss, was zusätzlichen Aufwand und zusätzliche Kosten hervorrufen kann und die Versorgung durch eine Zweigpraxis unwirtschaftlich werden lassen kann.

Die Entscheidung wirft die Frage auf, warum das Angebot zusätzlicher Sprechzeiten in sonst sprechstundenfreien Zeiten keine Versorgungsverbesserung im Sinne des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV darstellen kann, wobei auch kritisch zu hinterfragen ist, ob die allgemeinen Probleme des zusätzlichen Aufwands / Kosten durch die Inanspruchnahme der Zweigpraxis im Rahmen des Beurteilungsspielraum des Kassenärztlichen Vereinigung überhaupt relevant sind, wenn die Versorgungsverbesserung bejaht wird. Das gerade am Wochenende oder in sprechstundenfreien Zeiten in vielen ländlichen Bereichen ein erheblicher Bedarf besteht, wird an der Vielzahl aktueller Streitigkeiten im Bereich der Inanspruchnahme von Krankenhausambulanzen deutlich, die von Patienten mangels Erreichbarkeit von niedergelassenen Ärzten sogar zu normalen Sprechstundenzeiten in Anspruch genommen werden.

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