Rubrik: Arzthaftung

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Zur Würdigung von Gutachten der Schlichtungsstellen

Im Rahmen von Arzthaftungsprozessen stellt sich immer wieder die Frage, welche Bedeutung den Gutachten aus vorangegangenen Verfahren vor den Schlichtungstellen zu kommen kann. Gerade bei ablehenden Gutachten der Schlichtungsstelle haben Gerichte oft die Tendenz die Darlegungslast eines Behandlungsfehlers mit Blick auf das vorliegende Gutachten zu überspannen.

Eine aktuelle Entscheidung des BGH (BGH, Beschluss vom 12.03.2019 – VI ZR 278/18 –) stellt aber noch einmal klar, nach welchen Grundsätzen diese außergerichtlichen Gutachten im Arzthaftungsprozess zu würdigen sind. Der Entscheidung lag ein klagabweisendes Urteil zugrunde, welches auf Basis eines für die Patientenseite negativen Gutachtens, die Darlegung eines Behandlungsfehlers durch die Klägerseit für nicht ausreichend substantiiert hielt und daher kein gerichtliches Gutachten zur Aufklärung des medizinischen Sachverhaltes eingeholt hatte. Diese Ansicht hielt der Überprüfung durch den BGH nicht stand. Weiter lesen

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Zur notwendigen Substantiierung eines Behandlungsfehlers

Nach der Rechtsprechung des BGH ist zru Aufklärung der medizinischen Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, dem Patienten die Möglichkeit eröffnet ein selbständiges Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO durchzuführen. Bedauerlicherweise ist in der Praxis aber immer wieder festzustellen, dass dieses Verfahren von Patientenseite zur Ausforschung des medizinischen Sachverhaltes genutzt wird, um überhaupt eine Grundlage für einen Haftungsanspruch begründen zu können.

In einem aktuellen Beschloss hat das Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, aber zutreffend darauf hingewiesen, dass auch im selbständigen Beweisverfahren in Arzthaftungssachen, keine Fragen zulässig sind, die einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleichkommen (vgl. Beschluss vom 12.06.2019 – 5 W 6/19 –). Weiter lesen

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Zur Aufklärung fremdsprachiger Patienten durch Angehörige

Die Aufklärung fremdsprachiger Patienten führt immer noch zu Bewertungsunsicherheiten. Ist die Verständigung aufgrund der fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache nicht möglich, stellt sich immer wieder die Frage, ob die Aufklärung durch einen übersetzenden Familienangehörigen oder Bekannten des Patienten gewährleistet werden kann.

Dass diese Aufklärungssituation erhebliche Haftungsrisiken birgt, wird leider oft übersehen. Weiter lesen

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Wie hoch ist das Risiko wenn es gelegentlich auftritt?

In den vor einer Operation ausgehändigten Aufklärungsformularen wird die Häufigkeit der möglichen Risiken meist nicht mit Prozentzahlen angegeben, sondern umschrieben. Nur welche statistische Häufigkeit meint ein Begriff wie gelegentlich?

Anders als bei Angaben in Beipackzetteln von Medikamenten gibt es im Bereich der Risikoaufklärung vor Operationen oder sonstigen ärztlichen Behandlungen für diese Angaben keine einheitlichen Vorgaben. Im Arzneimittelbereich sind durch das sog. Medical Dictionary for Regulatory Activities (MedDRA) die Begriffe über die Häufigkeit des Auftretens von Nebenwirkungen standardisiert. Einige Gerichte hatten die Auffassung vertreten, dass diese Angaben auch im Bereich der Risikoaufklärung vor Operationen berücksichtigt werden müssten. Eine Abweichung von diesen Vorgaben kann danach zu einer Verharmlosung der Risikoaufklärung führen und einen Aufklärungsfehler begründen (so etwa OLG Nürnberg, Urteil vom 30.04.2015 – 5 U 2282/13 – und OLG Bamberg, Urteil vom 20.07.2015 – 4 U 16/14 –). Dieser Ansicht ist der BGH nun in seiner Entscheidung vom 29.01.2019 (– VI ZR 117/18 –) entgegengetreten. Weiter lesen

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Reicht die Behauptung von Hygienemängeln zur Begründung der Haftung des Krankenhauses?

Der BGH hat in seiner jüngsten Entscheidung vom 19.02.2019 (– VI ZR 505/17 –) seine Rechtsprechung fortgesetzt, wonach den Patienten im Arzthaftungsprozess zur Begründung eines Behandlungsfehlers nur „maßvolle Anforderungen“ treffen. Dies gilt auch bei behaupteten Hygienemängeln.

Hintergrund der Entscheidung war neben anderen Behandlungsfehlern, auch die Behauptung der klagenden Patientin, dass eine postoperative Infektion auf behauptete Hygienemängel im Krankenzimmer zurückzuführen sei. Das Berufungsgericht hatte den sehr pauschalen Vortrag der Patientin zu den Hygienemängeln noch als unzureichend angesehen, um das Krankenhaus im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast als verpflichtet anzusehen, die Hygienevorkehrungen im Einzelnen darzustellen. Weiter lesen

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Haftung für formale Aufklärungsfehler bei Lebendspende

Der BGH hatte sich in der Entscheidung vom 29.01.2019 (- VI ZR 495/16 -) mit den haftungsrechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen die formalen Anforderungen der Aufklärung bei einer Lebendspende nach § 8 Abs. 2 Transplantationsgesetz (TPG) auseinanderzusetzen.

Nach § 8 Abs. 2 TPG hat die notwendige Aufklärung des Spenders in Anwesenheit eines weiteren neutralen Arztes stattzufinden. Der Inhalt der Aufklärung und die Einwilligungserklärung des Spenders sind ferner in einer Niederschrift aufzuzeichnen, die von den aufklärenden Personen, dem weiteren Arzt und dem Spender zu unterschreiben ist. Weiter lesen

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Behandlungsfehler durch Behandlungsverweigerung?!

Immer wieder bereiten Situationen Ärzten haftungsrechtliche Probleme, in denen Patienten die Durchführung einer angeratenen Behandlung verweigern. Eine solche Behandlungsverweigerung schließt aber nicht immer einen Behandlungsfehler aus.

Grundsätzlich gilt zwar, dass ein Behandlungsfehler zu verneinen ist, wenn der Patient die medizinisch gebotenen Maßnahmen abgelehnt hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 25.07.2017 – VI ZR 103/17 –). Dies setzt allerdings voraus, dass der Patient über die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Maßnahme im Rahmen der Sicherungsaufklärung vollständig und widerspruchsfrei informiert worden ist und er die Informationen auch verstanden hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 16.06.2009 – VI ZR 157/08 –). Nur die informierte Behandlungsverweigerung führt daher zu einer Haftungsbefreiung.

Dass dies im Einzelfall durchaus problematisch sein kann, zeigt ein aktueller Beschluss des BGH vom 15.05.2018 (– VI ZR 287/17 –), mit welchem der BGH einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO stattgegeben hat und das Verfahren an das OLG zurückwies. Weiter lesen