Der „unechte“ Arzt – Krankenhaus behält Vergütungsanspruch für Behandlungen des falschen Arztes

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Ein Arzt ohne beendetes Studium oder Approbation im Krankenhaus? Dies sollte eigentlich unmöglich sein, kommt aber öfter vor als gedacht.

In einer Reihe von Entscheidungen hatte das Sozialgericht Aachen nun zu klären, ob die Krankenkassen für die von einem falschen Arzt durchgeführten Operationen die gezahlten Vergütungen vom Krankenhaus zurückverlangen können.

Der vermeintliche Arzt hatte sich durch die Vorlage falscher Zeugnisse bei der zuständigen Behörde die Approbation erschlichen und über Jahre offenbar erfolgreich in einem Krankenhaus gearbeitet. Nach dem die Sache aufgeflogen und der unechte Arzt strafrechtlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, nahmen mehrere Krankenkassen das Krankenhaus auf Rückzahlung der Vergütung für die von dem vermeintlichen Arzt durchgeführten Operationen in Anspruch.

Das Sozialgericht Aachen wies die Klagen der Krankenkassen in mehreren Entscheidungen vom 06.02.2018 allerdings zurück (- S 13 KR 262/17 -). Im zitierten Urteil verneinte das Gericht sowohl einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch als auch einen Schadensersatzanspruch der Krankenkassen.

Das Gericht stellte maßgeblich darauf ab, dass dem Krankenhaus der Umstand der erschlichenen Approbation nicht bekannt gewesen sei und der unechte Arzt die streitgegenständlichen Liquidationen korrekt durchgeführt habe, wobei der vermeintliche Arzt die Operationen nicht allein durchgeführt habe, so dass das Gericht insgesamt von einer ordnungsgemäßen ärztlichen Behandlung ausgegangen ist. Letztlich sei Gegenstand der Vergütung nicht die Behandlung durch einen einzelnen Arzt, sondern eine Vielzahl von Komponenten, so dass der Rechtsgrund der Zahlung nicht durch den Wegfall einer Komponente entfalle.

Die spätere Rücknahme der erschlichenen Approbation durch die zuständige Behörde, berühre das Abrechnungsverhältnis zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen für die streitgegenständlichen Behandlungen nicht. Zwar folge aus der Rücknahme der Approbation, dass diese von Anfang nicht wirksam bestanden habe. Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 1 BÄO folge aber keineswegs, dass die Rücknahme der Approbation sich auf die Rechtsbeziehungen zwischen Dritten ebenfalls mit rückwirkender Kraft auswirkt. Rein tatsächlich betrachtet hat der unechte Arzt nach Ansicht des Gerichts ärztliche Leistungen als approbierter Arzt erbracht. Durch die Krankenhausbehandlungen der Versicherten haben die Krankenkassen den ihr gegenüber bestandenen Sachleistungsanspruch ihrer Versicherten erfüllt und sind von der entsprechenden Sachleistungsverpflichtung frei geworden. Diese Tatsache wird nach Auffassung des Sozialgerichts Aachen durch die Rücknahme der Approbation nicht verändert. Würde die Rücknahme der Approbation auch in Bezug auf die gesetzlichen Beziehungen und Vertragsverhältnissen zwischen Krankenhaus und Krankenkassen rückwirkende Kraft haben, so würde dies an der tatsächlichen Leistung des Krankenhauses und dem Freiwerden von der Sachleistungsverpflichtung der Krankenkassen gegenüber ihren Versicherten tatsächlich nichts ändern. Dementsprechend wirkt sich die Rücknahme einer Approbation nach § 5 Abs. 1 BÄO auf das Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen nur für die Zukunft aus.

Ein Schadensersatzanspruch scheidet nach Ansicht des Sozialgerichts Aachen aus, weil das Krankenhaus keine Kenntnis von der erschlichenen Approbation des unechten Arztes habe und die Fälschungen der Zeugnisse auch nicht habe erkennen können. Eine vorwerfbare Pflichtverletzung falle dem Krankenhaus daher nicht zur Last.

Der Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Letztlich täuschte der unechte Arzt nicht nur seine Patienten, sondern auch seinen Arbeitgeber. Eine zusätzliche Bestrafung des Krankenhauses, das mit den öffentlichen Wirkungen eines solchen Skandals genug zu kämpfen hat, durch einen umfassenden Regress der Krankenkassen gegenüber dem Krankenhaus erscheint unangebracht. Insofern werden sich auch die Krankenkassen in solchen Fällen allein an den unechten Arzt wenden können.

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