Doch kein absurder Hindernislauf? – Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen

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Gerade in Arzthaftungsprozessen nehmen die medizinischen Sachverständigen eine zentrale Stellung sein. Oft entscheidet das Ergebnis des Gutachtens auch den Prozess. Was passiert aber, wenn sich nachträglich herausstellt, dass ein Gutachten falsch war?

Falsche gerichtliche Gutachten können fatale Folgen haben, die nachträgliche Inanspruchnahme des Sachverständigen kann aber ein absurd anmutender Hindernislauf werden, wie ein aktuelles gerichtliches Verfahren im Saarland zeigt. Die Haftung eines gerichtlichen Sachverständigen für ein falsches Gutachten nach § 839a BGB unterliegt strengen Voraussetzungen. Entsprechende Prozesse sind aufwendig und die Hürden für die betroffene Partei, eine Haftung des gerichtlichen Sachverständigen zu begründen, sind hoch.

Dies gilt auch, weil § 839a Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB verlangt, dass der Betroffene alle möglichen Rechtsmittel einlegen muss, um den Schaden durch das fehlerhafte Gutachten abzuwenden. Aus dieser Voraussetzung der Haftung wurde auch abgleitet, dass die betroffene Partei notfalls auch ein Privatgutachten gegen das Ergebnis des gerichtlichen Gutachtens erstellen und vorlegen müsse.

Dieser Anforderung hat der Bundesgerichtshof aber in einer aktuellen Entscheidung eine Absage erteilt (vgl. BGH, Beschluss vom 27.07.2017 – III ZR 440/16 –).

.Als „Rechtsmittel“ im Sinne des § 839a Abs. 2 BGB kommen nach dem Bundesgerichtshof zwar auch solche Behelfe in Betracht, die sich unmittelbar gegen das fehlerhafte Gutachten selbst richten und die bestimmt und geeignet sind, eine auf das Gutachten gestützte instanzbeendende gerichtliche Entscheidung zu verhindern. Zu denken ist insoweit etwa an Gegenvorstellungen und Hinweise auf die Unrichtigkeit des Gutachtens, an Anträge, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens zu laden, oder an formelle Beweisanträge auf Einholung eines neuen Gutachtens.

Nicht erforderlich ist indessen die Einholung eines Privatgutachtens, um Einwände gegen ein beanstandetes gerichtliches Sachverständigengutachten zu substantiieren. Zwar mag die Einholung und Vorlage eines Privatgutachtens die Aussicht dafür erhöhen, dass das Prozessgericht einem Antrag auf Einholung eines neuen Gutachtens Folge leistet. Eine nicht sachkundige Partei ist jedoch generell nicht verpflichtet, zur Substantiierung ihrer Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten einen Privatgutachter zu konsultieren, so dass von ihr nicht im Sinne von § 839a Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 839 Abs. 3 BGB verlangt werden kann, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben und dem Gericht vorzulegen.

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Die generelle Verpflichtung ein Privatgutachten in Auftrag zu geben, um eine Haftung des Sachverständigen begründen zu können, liesse die Haftung nach § 839a BGB faktisch leerlaufen. Allein aufgrund der Kosten eines solchen Privatgutachtens, die in der Regel auch nicht von einer Rechtsschutzversicherung getragen werden, würde ein solches Erfordernis dazu führen, dass selbst in Fällen krassester gutachterlicher Fehlleistungen, eine Haftung ausgeschlossen wäre. Dies ist kaum im Sinne der vom Gesetzgeber vorgesehenen Haftung des gerichtlichen Sachverständigen.

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