Gerichte im „GOÄ-Dschungel“ – Neue Urteile zu IMRT-Bestrahlungen bringen nur wenig Klarheit

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Mehrere Gerichte haben Ende 2017 Entscheidungen zur Vergütung der IMRT-Bestrahlungen nach der GOÄ-Ziffer 5855 A entsprechend der Abrechnungsempfehlungen der Bundesärztekammer vom 18.02.2011 gefällt.

Nach dem die Landeskrankenhilfe VVaG in einem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken die Berufung zurückgenommen hatte, bestand die Hoffnung, dass sich die Landeskrankenhilfe VVaG dem bestehenden Abrechnungskonsens anschließt.

Neuere Entscheidungen des Landgerichts Lübeck vom 15.11.2017 (- 4 O 92/16 -) und des Amtsgerichts Walsrode vom 28.11.2017 (- 7 C 377/17 -) haben allerdings wieder die Auffassung der Krankenversicherung bestätigt. Die Entscheidungen werden nun auch von der Landeskrankenhilfe VVaG in zahlreichen Parallelverfahren als Beleg für die fehlende Anerkennung der Abrechnung der GOÄ-Ziffer 5855 A vorgelegt.

Eine genauere Betrachtung der Entscheidungen offenbart aber, dass diesen eine solche Bedeutung nicht zukommen kann.

Vielmehr leidet die zitierte Entscheidung des Landgerichts Lübeck schon daran, dass der dort beauftragte gerichtliche Sachverständige aus Österreich mit den rechtlichen Bewertungsgrundlagen der GOÄ sowie der gestellten Beweisfrage offenbar überfordert war und das Gericht den völlig unzureichenden Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen unkritisch gefolgt ist. Aus den Urteilsgründen ergibt sich ferner, dass auch das Gericht mit der Anwendung der GOÄ offensichtlich überfordert war.

Im zitierten Urteil des Amtsgerichts Walsrode verlangte das Gericht vom klagenden Patienten eine dezidierte medizinische Begründung für den Analogansatz der GOÄ-Ziffer 5855, wobei es die Behauptungen der Landeskrankenhilfe zur fehlenden Vergleichbarkeit der Leistungen ungeprüft übernahm. Das Gericht hat hier sogar ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens entschieden, was selbst angesichts des bekannten Prozessvortrages der Parteien nur schwer nachzuvollziehen ist.

Die Urteile leiden an derart eklatanten Mängeln, dass nur zu hoffen ist, dass die unterlegenen Patienten gegen die Urteile in Berufung gehen.

Dagegen haben das Amtsgerichts Pforzheim im Urteil vom 24.11.2017 (- 3 C 235/15 -) und das Landgericht Karlsruhe im Urteil vom 08.12.2017 (- 10 O 200/14 -) die Abrechnung der IMRT-Bestrahlungen nach der GOÄ-Ziffer 5855 A mit überzeugenden Urteilen bestätigt. An beiden Verfahren war unsere Kanzlei beteiligt. In beiden Urteilen ist durch die Gerichte nach entsprechender sachverständiger Beratung insbesondere die besonders aufwendige Qualitätssicherung der IMRT-Bestrahlungen sowie der besondere Aufwand bei der Durchführung der IMRT-Bestrahlungen hervorgehoben worden.

Die aktuellen Urteile zeigen die gerichtlichen Bewertungsunsicherheiten bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 GOÄ bei den IMRT-Bestrahlungen. Umso wichtiger ist es, dass auf Seiten der Patienten und Strahlentherapeuten im eigenen gerichtlichen Vortrag auf die richtigen Bewertungskriterien bei der IMRT-Bestrahlung hingewiesen wird. Aufgrund der konkreten Lebenssituationen der betroffenen schwerstkranken Versicherten der Landeskrankenhilfe VVaG ist es nach wie vor schwer verständlich, dass die Gerichte hier immer noch nicht zu einer einheitlichen Linie bei der gebührenrechtlichen Bewertung der IMRT-Bestrahlungen gekommen sind.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Zakiah Omar am

    Guten Tag und
    vielen Dank für ihre Beiträge zum Thema IMRT / Landeskrankenhilfe.
    Da der Streitwert nicht so hoch ist (2.300€), vertrete ich meine Interessen ohne Unterstützung eines Rechtsanwalts beim Landgericht Lüneburg. Ihre Beiträge geben mir dabei wichtige Informationen. Die Klageerwiderung von KSB INTAX ist beeindruckend umfangreich und die Urteile der Gerichte Lübeck und Walsrode sind enthalten. Auch wird ein Gutachter aus Österreich vorgeschlagen.
    Ihr Einschätzung der beiden letzten Urteile geben mir doch Mut die Klage weiterzuführen.

    Viele Grüße

    Zakiah Omar

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrter Herr Omar,
    vielen Dank für die Rückmeldung.
    Lassen Sie sich nicht von dem „vielen Papier“ beeindrucken. Viele Gerichte haben die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 5855 A für die IMRT-Bestrahlung mittlerweile bejaht, so dass es keinen Grund gibt, den offenen Erstattungsbetrag nicht geltend zu machen.
    Wir wünschen Ihnen viel Erfolg.
    Mit freundlichen Grüßen
    Florian Wölk

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