Haftung bei der Aufklärung über Medikamentenanwendung

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Die Aufklärung im Krankenhaus vor der Anwendung von Arzneimitteln ist ein schwieriges Thema. Auch wenn die Voraussetzungen der aufgeklärten Einwilligung nach § 630 d BGB und § 630 e BGB selbstverständlich auch bei der Gabe von Medikamenten gelten, findet diese Aufklärung in der Praxis so gut wie nicht statt.

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Freiburg hatte sich dieser Problematik auseinanderzusetzen (LG Freiburg, Urteil vom 23.02.2018 – 1 O 297/15 -). Der Kläger befand sich wegen eines schmerzhaften Ekzems der Kopfhaut in stationärer Behandlung. Im Rahmen der Behandlung wurde zur planmäßigen Hervorrufung einer Entzündung mit Heilwirkung ein Arzneimittel eingesetzt. Der Kläger war über die Behandlung nicht aufgeklärt worden und glaubte offenbar aufgrund der eingetretenen Entzündung mit den damit verbundenen Nebenwirkungen zunächst an einen Behandlungsfehler und klagte gegen das Krankenhaus auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Im Rahmen des gerichtlichen Verfahren stellte sich zwar heraus, dass die Behandlung lege artis durchgeführt worden ist, das Landgericht Freiburg hatte sich aber immer noch mit der Aufklärungsrüge bzgl. der planmäßigen Nebenwirkungen des Medikamentes auseinanderzusetzen.

Hier bejahte das Gericht eine Haftung des Krankenhauses, weil das bewusste Hervorrufen einer Entzündungsreaktion einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit des Patienten darstelle. Hinzu tritt nach Meinung der Richter, dass jede Entzündungsreaktion mit Schmerzen verbunden sein kann, auch wenn die Auswirkungen hier nicht über die eines „Sonnenbrandes“ hinausgingen.

Aus Sicht des Gerichts war allerdings in der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht abschließend geklärt, ob und inwieweit eine mündliche Aufklärung auch vor der äußerlichen Anwendung eines Medikaments mit vergleichsweise harmlosen Nebenwirkungen geboten ist. So ist zwar vom Bundesgerichtshof eine Aufklärungspflicht beispielsweise bejaht worden bei Medikamenten, die aggressiv wirken und massiv in den menschlichen Organismus eingreifen oder dass prinzipiell bei möglichen schwerwiegenden Nebenwirkungen eine mündliche Aufklärung neben dem Hinweis auf den Beipackzettel geschuldet ist (BGH, Urteil vom 15.03.2005 – VI ZR 289/03 –). Auch bei einer Medikamentenumstellung mit dem Risiko erheblicher Nebenwirkungen wie einer 35%igen Wahrscheinlichkeit von Nachteilen im Bereich von Lunge, Schilddrüse, Haut und Augen bei einem Reservemedikament hat der BGH eine Aufklärungspflicht angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 17.04.2007 – VI ZR 108/06 –).

Nach dem Landgericht Freiburg war auch hier eine gesonderte Aufklärungspflicht vor Anwendung des Medikamentes anzunehmen, so dass das Gericht eine Aufklärungspflicht verletzt hat. Mangel Aufklärung war die Einwilligung des Klägers in die Anwendung des Medikamentes daher nach § 630 e Abs. 2 BGB unwirksam und der Eingriff rechtswidrig, wobei das Gericht allerdings für die relativ geringen Nebenwirkungen lediglich ein geringfügiges Schmerzensgeld ausgeurteilt hat.

Das Urteil weist auf ein erhebliches Problem in der Praxis hin, weil über die Medikamentengabe im Krankenhaus kaum eine Aufklärung stattfindet. Die Auswirkungen des Urteils sind sicherlich begrenzt, jedoch zeigt es eine erhebliche Haftungsfalle für Krankenhäuser auf.

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