Kostenerstattung für Alternativmedizin in der privaten Krankenversicherung

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Der angebliche Vorteil einer privaten Krankenversicherung ist oft zweifelhaft, wenn es um die Erstattung kostenintensiver Behandlungen aus dem Bereich der Alternativmedizin geht, insbesondere wenn es sich um chronische Erkrankungen des Versicherten handelt. Die Gerichte sind regelmäßig mit Auseinandersetzungen befasst, in denen die Krankenversicherung unter Hinweis auf die fehlende wissenschaftliche Anerkennung der alternativen Behandlungsmethode eine Kostenübernahme verweigert.

Dass aber nicht allein die Bezeichnung einer Therapie als Alternativbehandlung einen Kostenerstattungsanspruch des Versicherten ausschließt, zeigt ein aktuelles Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 09.05.2018 (– 5 U 39/16 –).

Streitgegenständlich waren die Behandlungskosten eines chronisch rheumakranken Versicherten bzgl. einer stationären Behandlung, die im Wesentlichen aus Leistungen der Alternativmedizin bestand (etwa Ozontherapie, Infusionsbehandlungen, Massagen, Schlafdiagnostik, etc.)

Das Gericht machte deutlich, dass es lediglich darauf ankommt, ob die vom klagenden Versicherten geltend gemachten Leistungen medizinisch notwendig waren. Dabei ist als medizinisch notwendige Heilbehandlung jegliche ärztliche Tätigkeit anzusehen, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt. Abzustellen ist auf einen objektiven Maßstab. Die Auffassung des Versicherungsnehmers und des behandelnden Arztes ist dabei ohne Bedeutung. Gegenstand der Beurteilung sind vielmehr nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung. Eine „medizinisch notwendige“ Heilbehandlung im Sinne des § 1 Abs. 2 AVB/KK liegt nur dann vor, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung vertretbar war, sie als notwendig. Eine Einschränkung in dem Sinne, dass bei der Beurteilung der Notwendigkeit der Heilbehandlung nur solche Erkenntnisse berücksichtigt werden dürften, die in der medizinischen Wissenschaft eine Absicherung erfahren haben und als wissenschaftlich gesichert oder anerkannt angesehen werden, ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn des § 1 Abs. 2 AVB/KK. Bei der Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit einer Heilbehandlung können demgemäß auch solche medizinischen Erkenntnisse berücksichtigt werden, die sich im Bereich der sogenannten alternativen Medizin ergeben haben. Allerdings ist in § 4 Abs. 6 AVB/KK die modifizierte Wissenschaftsklausel wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 30.10.2002 – IV ZR 60/01 –). Danach sind nur Methoden in den Versicherungsschutz einbezogen, die in der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind, oder alternative Methoden, wenn sie sich in der Praxis als ebenso Erfolg versprechend wie die der Schulmedizin bewährt haben.

Der Versicherte muss die medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Sinne von § 1 Abs. 2 AVB/KK beweisen. Stellt sich heraus, dass die angewandte Methode von der Schulmedizin nicht überwiegend anerkannt ist, muss der Versicherte darlegen und beweisen, dass die angewandten Methoden und Arzneimittel der alternativen Medizin sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben, wie die der Schulmedizin. Allerdings können für den Nachweis der Gleichwertigkeit auch Anwendungsbeobachtungen und Gutachten aus dem Kreis der Alternativmedizin ausreichen.

Dieser Nachweis ist dem klagenden Versicherten in entschiedenen Fall gelungen, wobei das gerichtlich eingeholte Sachverständigengutachten insbesondere darauf einging, dass der chronisch erkrankte Versicherte seit Jahren mit Methoden der Schulmedizin erfolglos behandelt worden ist und die angewandten Methoden seit Jahrzehnten international gebräuchlich sind.

Die begrüßenswerte Entscheidung macht deutlich, dass Behandlungsmethoden jenseits der Schulmedizin trotz aller Vorbehalte der privaten Krankenversicherungen medizinisch notwendig sein können, wobei gerade die erfolglose Anwendung schulmedizinischer Methoden ein wichtiges Indiz sein kann. Der Nachweis für den Versicherten bleibt aber schwierig, wobei im Verfahren darauf zu achten ist, dass der ärztliche Sachverständige auch mit den einschlägigen Ansätzen der Alternativmedizin vertraut ist.

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