Kostenlose ärztliche Leistungen

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Immer wieder gibt es Fälle, in denen ärztliche Leistungen kostenlos erbracht werden (sollen). Oft liegt der Grund hierfür in der Kundenakquise, manchmal auch darin, dass der Verwaltungsaufwand für Abrechnungen in manchen Fällen höher scheint als der daraus resultierende Gewinn. Aber egal was das Motiv auch sein mag, kostenlose Leistungen können den Arzt teuer zu stehen kommen.

Eine Vielzahl von Gerichten hat sich bereits mit diesem Thema befasst. Zu nennen sind hier beispielhaft das Landgericht Stade (Az.: 8 O 23/11), das Landgericht Berlin (Az.: 103 O 80/10) sowie das Landgericht Stuttgart (Az.: 11 O 75/15). Daneben aber auch das Bundessozialgericht (BSG) und der Bundesgerichtshof (BGH).

Gleichwohl ist die Frage der Zulässigkeit kostenloser ärztlicher Leistungen immer wieder eine Frage, die uns in unserer Praxis begegnet.

Wir empfehlen: Ärzte sollten es tunlichst unterlassen, regelhaft kostenlose Leistungen zu erbringen.

Ein Grund hierfür findet sich bereits in der (Muster-)Berufsordnung Ärzte (MBO-Ä). § 12 MBO-Ä normiert, dass der Verzicht auf Honorarforderungen grundsätzlich unlauter ist. Gemäß § 12 Abs. 2 MBO-Ä dürfen Ärzte auf Honorarforderungen ganz oder teilweise verzichten, wenn sie Verwandte, Kollegen, deren Angehörige und mittellose Patienten behandeln.

Neben § 12 MBO-Ä folgt auch aus § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) die Unzulässigkeit kostenloser ärztlicher Leistungen. Auch § 7 HWG kennt seinerseits Ausnahmetatbestände, die bei vielen Werbemaßnahmen aber nicht eingreifen.

Es gibt verschiedene Fallgruppen unzulässigen Verhaltens. Exenmplarisch werden nachfolgend drei Fallgruppen dargestellt, wobei diese Aufzählung nicht die Prüfung im Einzelfall ersetzt.

  1. Das Unterschreiten des Gebührensatzes

§ 5 GOÄ enthält die wesentlichen Kriterien zur Bemessung der Höhe der Gebühr. Hierbei werden die sog. Gebührenspanne und der sog. Gebührensatz definiert.

Das Unterschreiten des einfachen Gebührensatzes im Sinne des § 5 Abs. 1 GOÄ ist nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 12.11.2009, Az.: III ZR 110/09) bis zum Vergütungsniveau des EBM zulässig.

Ein „symbolischer Euro“ reicht danach nicht, um einer Unzulässigkeit im Sinne des § 12 MBO-Ä zu entgehen.

Auch das Motiv für den Preisnachlass findet in der Rechtsprechung Beachtung. So ist es nach Auffassung des BGH unlauter, wenn Laborleistungen zum Selbstkostenpreis angeboten werden, wenn dahinter die Absicht steckt, mit der Maßnahme an mehr Speziallaborleitungen zu kommen (Urteil des BGH vom 09.06.2005, Az.: I ZR 279/02)

  1. Verzicht auf die Gebühren bei Erbringung einer ärztlichen Leistung

Ein vollständiger Verzicht auf Gebühren wird häufig ebenfalls im Zusammenhang mit der Kundenakquise in Erwägung gezogen. Folgt zumindest bei einem Teil der kostenlos behandelten Patienten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine große lukrative Behandlung, lohnt sich auf den ersten Blick die kostenlos erbrachte kleiner Behandlung vorab.

Aber auch ein solches Verhalten ist unlauter, wenn nicht ausnahmsweise einer der genannten Ausnahmefälle gegeben ist.

Das Landgericht Berlin hat diesbezüglich im Urteil vom 07.09.2010 (Az.: 103 O 80/10) entschieden, dass das Angebot einer kostenlosen Vorsorgeuntersuchung unlauter ist, auch wenn dieses Angebot im Rahmen einer europaweiten Aufklärungskampagne erfolgt.

Das Landgericht Stade hatte im Urteil vom 16.06.2011 (Az.: 8 O 23/11) über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Arztpraxis einen kostenlosen Venencheck angeboten hat. Im Verfahren hatte sich die Beklagte darauf berufen, dass es sich hierbei nur um eine Imagewerbung handele. Mangels Angebot einer Hauptleistung sei der „Venencheck“ darüber hinaus gar nicht abrechenbar. Außerdem greife hier der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 4 HWG, die Beklagte erteile im Rahmen des Venenchecks nur Auskünfte oder Ratschläge und dieses Verhalten sei zulässig. Das Landgericht Stuttgart sah dies anders und hat der Klage stattgegeben. Das Gericht hat unter anderem ausgeführt, dass der angebotene Venencheck als Teil einer abzurechnenden Hauptleistung angesehen werden muss und nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 4 HWG fällt. Unschädlich sei es, dass der Venencheck einzeln nicht abgerechnet werden kann.

  1. Angebot kostenloser anderer Dienstleistungen

Am Rande sei noch erwähnt, dass das Angebot kostenloser Dienstleistungen zur Werbung von Kunden ebenfalls wettbewerbswidrig sein kann.

So hatte der BGH über einen Fall zu entscheiden, in dem eine Augenklinik mit kostenlosen Fahrdiensten für ihre Patienten warb (Urteil vom 12.02.2015, Az.: I ZR 213/13). Das Gericht sah hierin die Absicht der Klinik, den Absatz der Dienstleistungen der Klinik zu fördern, wodurch die Anwendung des HWG als eröffnet angesehen werden musste. Im Ergebnis sah das Gericht in der Werbung einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 HWG.

Im Verfahren hatte sich die Beklagte darauf berufen, dass es sich bei der angebotenen Dienstleistung um eine geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 HWG handelt oder zumindest um eine handelsübliche Nebenleistung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 Hs. 2 HWG. Die Beklagte konnte hiermit im Ergebnis nicht durchdringen.

Zusammenfassend sollte von kostenlosen ärztlichen Leistungen aber auch dem Angebot kostenloser anderer Dienstleistungen Abstand genommen werden. Wenn aus individuellen Gründen ein kostenloses Angebot erfolgen soll, sollte im Vorhinein stets juristisch überprüft werden, ob die Grenzen des Zulässigen in dem Fall überschritten werden.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Abgabe von Medikamenten, die sich nicht in den Abrechnungen widerspiegelt, bei einer Betriebsprüfung dazu führen kann, dass seitens der Finanzbehörden durchaus auch strafrechtlich relevante Fragen aufgeworfen werden. Hier entsteht schnell der Verdacht, dass eine Abrechnung an den Finanzbehörden vorbei erfolgt ist. Auch dieses Risiko muss unbedingt berücksichtigt werden.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

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