Rechtzeitige Aufklärung über Vertretung des Wahlarztes

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Die Vereinbarung einer Vertretung des Wahlarztes bei einer vorhersehbaren Verhinderung des Wahlarztes ist voraussetzungsvoll und bereitet der Praxis in vielen Krankenhäusern Probleme. Dabei zeigen jüngste Auseinandersetzungen mit privaten Krankenversicherungen, dass diese verstärkt die Wirksamkeit solch individueller Zusatzvereinbarungen zur Wahlleistungsvereinbarung kritisch hinterfragen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind solche individuellen Vereinbarungen mit den Patienten zur Vertretung des Wahlarztes prinzipiell möglich (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –), wobei der Bundesgerichtshof allerdings fordert, dass der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes aufzuklären ist. Im Rahmen der Aufklärung ist er auch darüber zu informieren, dass er die Behandlung bis zur Verfügbarkeit des Wahlarztes verschieben oder auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen verzichten kann. Problematisch ist, dass der Bundesgerichtshof für die Rechtzeitigkeit der Aufklärung über die Verhinderung des Wahlarztes keine konkreten Vorgaben macht.

Faktisch steht eine Verhinderung des Wahlarztes oft aber erst bei der Aufnahme des Patienten ins Krankenhaus fest, wobei kritisch hinterfragt werden könnte, ob der Patient in dieser Situation überhaupt noch eine Möglichkeit hat, sich frei für eine Verschiebung der stationären Behandlung zu entscheiden. Auch wenn dies mit Blick auf die Rechtzeitigkeit der Risikoaufklärung vor einer Operation nach der 24-Stunden-Regel durchaus begründet werden könnte, scheint es doch bedenklich, wenn der Patient über die Verhinderung des Wahlarztes erst nach Aufnahme in die stationäre Behandlung aufgeklärt wird.

In einer aktuellen Entscheidung des Amtsgericht Schwabach vom 28.06.2017 (- 2 C 896/16 -) wird darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass die Verhinderung des Wahlarztes bereits bei der Vereinbarung des Operationstermins feststeht, der Patient auch bereits dann über die Verhinderung und seine Wahlmöglichkeiten aufzuklären ist. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch dann, wenn der Eingriff lange im Voraus vereinbart worden ist, damit der Patient die schwierige Entscheidung, ob die Operation verschoben oder durch einen anderen Arzt durchgeführt werden soll, nicht in enger zeitlicher Nähe zum geplanten Eingriff treffen muss.

Die Entscheidung kann die Aufklärung über eine mögliche Verhinderung des Wahlarztes im Einzelfall weit nach vorne verlagern. Mit Blick auf die Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer möglichst frühen Aufklärung (BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –) ist die Entscheidung im Ergebnis aber nicht zu beanstanden. Wenn bei der Planung einer Operation mit einem Wahlleistungspatienten überhaupt ein Termin gewählt werden sollte, an dem der zuständige Wahlarzt nicht zur Durchführung der Behandlung in der Lage ist, kann bei der Planung der Behandlung auch eine entsprechende Aufklärung des Patienten zu diesem frühen Zeitpunkt verlangt werden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen bereits abgeklärt ist.

Absurd mutet in diesem Zusammenhang dann aber die teilweise von Krankenversicherungen vertretene Auffassung an, dass der Abschluss einer wirksamen individuellen Stellvertretervereinbarung den Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung voraussetze und daher nicht im Vorfeld der Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen werden könne. Dies ergibt sich weder aus der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshof noch findet diese Auffassung in sonstigen rechtlichen Grundlage eine Stütze. Sie steht vielmehr im krassen Widerspruch zu dem Erfordernis, dass der Patient bei vorhersehbarer Verhinderung des Wahlarztes frühzeitig eine Entscheidung über die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten treffen soll.

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Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Wölk,
    ich vertrete ein Krankenhaus und streite mich daher häufig über die Wirksamkeit von WLV sowie Individualvereinbarungen. Neuerdings lehnen private Krankenversicherer gegenüber ihren Versicherungsnehmern die Übernahme von Kostenrechnungen ab, denen Individualvereinbarungen zugrunde lagen, wenn dem Patienten der Grund und die Dauer der Verhinderung des Wahlarztes nicht im Rahmen der Aufklärung mitgeteilt worden ist. Sie stützen sich in ihrer Argumentation zum einen auf den Hinweisbeschluss des OLG Hamburg vom 15.01.2018, zum andern auf ein Urteil des Amtsgerichts Köln vom 28.08.2019 (118 C 104/19). Ob das Urteil des AG Köln rechtskräftig ist, ist der Quelle (Justiz-Online NRW) nicht zu entnehmen. Auf eine schriftliche Anfrage beim Gericht habe ich noch keine Antwort erhalten.
    Ich halte es für überaus bedenklich, wenn ein Chefarzt verpflichtet sein sollte, seinem Patienten den Grund für seine Abwesenheit mitzuteilen. Wie konkret müsste dies erfolgen? Würde die Verwendung oberflächlicher Begriffe wie z.B. Urlaub, Fortbildung, privater Termin etc. genügen. Welche Folgen im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung hätte es, wenn der Patient/ die Versicherung das Vorliegen genau dieses benannten Grundes bestreitet? Müsste der Chefarzt dann Beweis für seine Abwesenheit und Nachweis des zuvor mitgeteilten Grundes liefern? Ich kann gerade noch nachvollziehen, dass eine Mitteilung über die voraussichtliche Dauer der Verhinderung verlangt werden kann, da andernfalls dem Patienten die Grundlage für eine Entscheidung darüber, ob er mit der Behandlungsmaßnahme auf die Rückkehr des Chefarztes warten möchte, fehlt. Aber inwieweit es für die Entscheidung des Patienten eine Rolle spielt, ob sein Wahlarzt sich im Urlaub oder auf einer Fortbildung befindet, erschließt sich mir nicht. Es würde mich interessieren, wie Sie darüber denken und vor allem, welchen Rat Sie Ihren Wahlärzten im Hinblick hierauf erteilen.

    Mit freundlichen und kollegialen Grüßen

    Annette Vester-Weber
    Rechtsanwältin
    Fachanwältin für Medizinrecht

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrte Frau Kollegin Kollegin Vester-Weber,

    das Problem ist leider auch uns bekannt. Hintergrund ist natürlich, dass einige Krankenkassen mittlerweile bei fast jeder Stellvertretervereinbarung eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung unterstellen, wonach die Wahlleistungen beliebig auf andere Ärzte delegiert werden.
    Selbstverständlich kann im gerichtlichen Verfahren der Grund der Abwesenheit oder Vertretung schlicht mitgeteilt werden. Eine Pflicht zur Offenbarung des Grundes der Verhinderung halte ich auch nicht für begründet, denn für die Entscheidung des Patienten kommt es letztlich nur darauf an, dass er weiß, dass für die geplante Behandlung der Wahlarzt nicht zur Verfügung. Da bin ich völlig Ihrer Meinung.
    Bei genauer Lektüre der Entscheidung des BGH vom 20.12.2007 (- III ZR 144/07 -) fällt auch auf, dass der BGH dies offensichtlich auch nicht für erforderlich hält. Denn er bestätigt im Ergebnis eine vorangehende Entscheidung des LG Bonn, in welcher unter Betonung der Privatautonomie der Parteien klargestellt wird, dass es im Rahmen einer Individualabrede auch in Ansehung der gesetzlichen Vorgaben zwischen Patient und Wahlarzt dessen Stellvertretung durch einen berufenen Vertreter ungeachtet der Art des Verhinderungsfalles vereinbart werden können muss (LG Bonn, Urteil vom 04.02.2004 – 5 S 207/03 –). Damit ist der Grund für die Vertretung auch nach der Rechtsprechung egal. Dies wird leider oft überlesen.

    Mit freundlichen kollegialen Grüßen

    Florian Wölk

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