Unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes

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Bei einer unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 19:00 und 22:00 Uhr oder an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12. zwischen 07:00 und 19:00 Uhr kann der Vertragsarzt die GOP-Nr. 01100 EBM-Ä abrechnen.

Problematisch ist aber, was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff der „unvorhergesehenen Inanspruchnahme“ zu verstehen ist, insbesondere wenn die betroffenen Vertragsärzte mit einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst geworben haben.

Bereits in der Vergangenheit hatten die Sozialgerichte deutlich gemacht, dass eine unvorhergesehene Inanspruchnahme nicht vorliegen kann, wenn der Vertragsarzt aufgrund seiner eigenen Werbung damit rechnen musste, auch zur Unzeit in Anspruch genommen zu werden (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 07.06.2012 – L 1 KA 59/09 – und SG München, Urteil vom 24.09.2014 – S 21 KA 1354/14 -). Dies gilt auch dann, wenn im Fall von ermächtigten Krankenhausärzten, die Ermächtigung gerade die Behandlung zu den sprechstundenfreien Zeiten abdecken sollte (LSG Hamburg, Urteil vom 25.04.2013 – L 1 KA 5/12 -).

Von dieser Rechtsprechung hat das Sozialgericht München in einer Entscheidung vom 15.05.2017 ( – S 38 KA 305/15 -) eine wichtige Ausnahme gemacht und die entsprechenden Honorarregresse der KV gegen eine überörtliche anästhesistische Berufsausübungsgemeinschaft aufgehoben, die im Rahmen der postoperativen Betreuung von ambulant operierten Patienten eine 24-Stunden-Rufbereitschaft bei Komplikationen anbot.

Für das Gericht unterschied sich die Situation der anästhesistischen Berufsausübungsgemeinschaft insofern von den anderen Fällen, weil die Anästhesisten in der Regel keine Sprechstunden anbieten und daher bei diesen Ärzten keine Dienstsituation vorläge, die mit einem normalen Notfall- oder Bereitschaftsdienst vergleichbar wäre. Das Serviceangebot der Ärzte stehe in unmittelbaren Zusammenhang mit der operativen Tätigkeit. Diese Selbstverständlichkeit stehe der Annahme einer unvorhergesehenen Inanspruchnahme nicht entgegen.

Die Differenzierung überzeugt nicht ohne Weiteres, weil auch bei den Anästhesisten, die eine 24-Stunden-Rufbereitschaft im Zusammenhang mit ambulanten Operationen anbieten und aktiv bewerben, kritisch zu fragen ist, warum diese dann gerade nicht mit der Inanspruchnahme zur Unzeit rechnen müssen. Nur aufgrund der fachspezifischen Besonderheiten den Begriff der unvorhergesehenen Inanspruchnahme weiter auszulegen, ist kein überzeugendes Argument und weicht die klare Linie der bisherigen Rechtsprechung unnötig auf. Dennoch ergeben sich aus dem Urteil Spielräume gerade für Ärzte, die ihren Patienten in Zusammenhang mit ambulanten Operationen eine 24-Stunden-Rufbereitschaft anbieten.

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