Urlaubsvertretung in radiologischer Praxis als selbständige Tätigkeit

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In jüngster Zeit häufen sich die Streitigkeiten zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit von Honorarärzten in Praxen und Kliniken. Gerade die hochtechnisierten Fachgebiete wie Strahlentherapie und Radiologie geraten vermehrt in den Fokus der Behörden.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das LSG Baden-Württemberg vom 21.02.2017 (– L 11 R 2433/16 -) die Tätigkeit einer Radiologin zu bewerten, die aufgrund einer mündlichen Vereinbarung Urlaubsvertretungen für einen niedergelassenen Radiologen übernommen hatte, wobei sich ihre Tätigkeit auf die Befundung von radiologischen Untersuchungen (MRT, CT und Röntgen) in den Praxisräumen beschränkte, welche die Radiologin nach einem vereinbarten Stundensatz gegenüber dem Praxisinhaber abrechnete.

Das Gericht nahm für die vorliegende Konstellation an, dass die Radiologin selbstständig tätig war, weshalb keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Dabei betonte das Gericht allerdings deutlich, dass das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit nicht schon deshalb feststehe, weil die Radiologin als Praxisvertreterin nach § 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV tätig werden sollte. Dies stelle lediglich ein Indiz dar, weil die Tätigkeit als Praxisvertreter im Vertragsarztrecht in der Regel als selbstständige Tätigkeit angesehen wird. Ob die Voraussetzungen für eine selbstständige Tätigkeit vorliegen, muss nach dem Gericht jedoch im Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung festgestellt werden.

Dabei betont das Gericht, dass vorliegend im Unterschied zum „normalen Praxisvertreter“ die Radiologin nicht die komplette Stellung des Praxisinhabers übernommen, sondern nur einen Ausschnitt hinsichtlich der reinen ärztlichen Tätigkeit, denn in der Praxis der niedergelassenen Radiologen waren weitere Gesellschafter als Praxisinhaber tätig. Entscheidend ist nach dem LSG Baden-Württemberg daher, ob die Radiologin ihren Bereich komplett weisungsfrei ausgeübt hat oder doch in die fremde Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert war. Dabei bestehe fachlich bei ärztlichen Tätigkeiten aus der Natur der Sache eine weitgehend weisungsfreie Tätigkeit, die nur bei der Eingliederung in Hierarchien durchbrochen wird. Die eigenverantwortliche Befundung durch die Radiologin entspricht daher dem Wesen der ärztlichen Tätigkeit und ist als solche nach dem Gericht nicht aussagekräftig.

Entscheidend ist nach der Entscheidung des Gerichts, dass die betroffene Radiologin nicht in gleichen Maße in die Organisation der Praxis eingebunden gewesen sei, wie angestellte Ärzte der Praxis, weil sie etwa das vorhandene Zeiterfassungssystem nicht nutzen musste und auch an Teambesprechung nicht teilnahm. Im Außenverhältnis gegenüber den Patienten trat die Radiologin nicht in gleicher Weise auf wie angestellte Ärzte, weil sie nicht die Oberbekleidung mit eingesticktem Namen und Praxislogo trug.

Die vom Gericht vorgenommene Gesamtabwägung zeigt, dass der Einsatz von selbständigen Honorarärzten in Praxis und Krankenhaus unter sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten eine komplizierte Frage der konkreten Umstände ist und daher zur Sicherheit einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden sollte.

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