Zur notwendigen Substantiierung eines Behandlungsfehlers

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Nach der Rechtsprechung des BGH ist zru Aufklärung der medizinischen Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, dem Patienten die Möglichkeit eröffnet ein selbständiges Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO durchzuführen. Bedauerlicherweise ist in der Praxis aber immer wieder festzustellen, dass dieses Verfahren von Patientenseite zur Ausforschung des medizinischen Sachverhaltes genutzt wird, um überhaupt eine Grundlage für einen Haftungsanspruch begründen zu können.

In einem aktuellen Beschloss hat das Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, aber zutreffend darauf hingewiesen, dass auch im selbständigen Beweisverfahren in Arzthaftungssachen, keine Fragen zulässig sind, die einem unzulässigen Ausforschungsbeweis gleichkommen (vgl. Beschluss vom 12.06.2019 – 5 W 6/19 –).

Nach § 485 Abs. 2 ZPO kann nach dem BGH zwar ein rechtliches Interesse an einer vorprozessualen Klärung der haftungsrechtlich maßgeblichen Gründe für einen Gesundheitsschaden durch einen Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren sogar dann gegeben sein, wenn zwar die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, jedoch für eine abschließende Klärung weitere Aufklärungen erforderlich erscheinen (BGH, Beschluss vom 14.09.2013 – VI ZB 12/13 –). Damit kann auch die Behauptung, dass ein ärztlicher Behandlungsfehler vorliege, grundsätzlich Gegenstand eines selbstständigen Beweisverfahrens sein. Voraussetzung ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts Bremen aber, dass der Antragsteller unter Bezeichnung gewisser Anhaltspunkte die Behauptung eines ärztlichen Behandlungsfehlers aufstellt. Zwar findet im selbstständigen Beweisverfahren keine Erheblichkeits- oder Schlüssigkeitsprüfung statt und es ist auch auf die Informationsnot der beweispflichtigen Partei Rücksicht zu nehmen, doch gilt im selbständigen Beweisverfahren das Verbot des Ausforschungsbeweises bei unsubstantiiertem Vorbringen (so auch OLG Stuttgart, Beschuss vom 30.03.2015 – 1 W 11/15 –). Eine im Erkenntnisverfahren nicht zulässige Ausforschung ist auch im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens nicht gerechtfertigt (BGH, Beschluss vom 29.11.2016 – VI ZB 23/16 –).

Da der Arzt dem Patienten regelmäßig nur eine fachgerechte, dem wissenschaftlichen Stand entsprechende Behandlung als Dienstleistung, nicht aber einen Behandlungs- oder gar Heilerfolg schuldet, setzt eine Haftung des Arztes wegen einer von ihm verantworteten Behandlung den Nachweis einer Abweichung vom geschuldeten Standard voraus. Der bloße Misserfolg begründet keinen Behandlungsfehler. Der  alleinigeTatsachenvortrag für eine ärztliche Haftung im Rechtsstreit kann sich also nicht darauf beschränken, eine ärztliche Behandlungsmaßnahme und eine damit in Zusammenhang gestellte Gesundheitsbeeinträchtigung zu benennen, wenn nicht jedenfalls Anhaltspunkte dafür genannt werden, an welcher Stelle der Behandlung der Arzt vom geschuldeten Standard abgewichen sein soll. Eine Fragestellung, die undifferenziert jedes mögliche Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Behandlung eines Patienten erfassen soll, erfüllt die nach Ansicht des Gerichts selbst die im selbstständigen Beweisverfahren möglicherweise niedrigeren Anforderungen an die notwendige Substantiierung nicht . Eine unzulässige Ausforschung liegt damit beispielsweise vor, wenn sich der Antragsteller auf die schlichte Frage beschränkt, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.

Der Entscheidung ist zu zustimmen, wobei sich im Rahmen des Arzthaftungsrecht eh die Frage nach der SInnhaftigkeit der Durchführung selbständiger Beweissicherungsverfahren stellt. Das eingeschränkte Verfahren wird der Komplexität von Arzthaftungssachen auch mit Blick auf das eventuelle Zusammenspiel von Aufklärungs- und Behandlungsfehlern kaum gerecht. Die Entscheidung stellt noch einmal deutlich da, dass das Verfahren zumindest nicht der unzulässigen Ausforschung dienen darf.

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