Keine Anerkennung der Vereinbarung zwischen PKV-Verband und BVDST e.V. zur IMRT
4In mehreren gerichtlichen Verfahren streiten sich privatversicherte Patienten mit ihren Krankenversicherungen um die Erstattung ihrer Kosten für aufwendige radioonkologische Behandlungen, weil der PKV-Verband seinen Mitgliedsunternehmen aufgrund einer Vereinbarung mit dem Bundesverband Deutscher Strahlentherapeuten (BVDST e.V.) selbst für aufwendige intensitätsmodulierte Strahlentherapien (IMRT) lediglich den 1,3fachen Steigerungssatz der GOÄ-Ziffer 5855 erstattet.
Da von dieser Vereinbarung des PKV-Verbandes mit dem BVDST e.V. keinerlei Rechtsverbindlichkeit ausgeht, wehren sich zahlreiche Leistungserbringer, insbesondere die radioonkologischen Zentren an Krankenhäusern der Maximalversorgung gegen dieses Preisdumping des PKV-Verbandes in entsprechenden gerichtlichen Verfahren.
In einem aktuellen Verfahren vor dem Amtsgericht Bad Kreuznach (- 22 C 296/19 -)hatte das Gericht bereits sehr deutlich darauf hingewiesen, dass für die Bestimmung des zulässigen Steigerungssatzes nach § 5 GOÄ ausschließlich die Vorgaben der GOÄ anzuwenden wären und daher die Abrechnungsvorgaben des PKV-Verbandes und des BVDST e.V. schlicht keine Bedeutung haben. Vielmehr sei für eine durchschnittlich aufwendige und schwierige IMRT-Bestrahlung nach den Vorgaben der Rechtsprechung des BGH auch die Abrechnung eines 1,8fachen Steigerungssatzes begründbar, so dass die Abrechnung eines 1,5fachen Steigerungssatzes für die komplexe Bestrahlung eines Hirntumors auf keinen Fall zu beanstanden sei. Dem Urteil mit der entsprechenden Begründung war von Seiten der Leistungserbringer mit Interesse entgegengesehen worden.
Dies wollte aber die hinter dem beklagten Patienten stehende Krankenversicherung aber offenbar auf jeden Fall verhindern und hat kurz vor dem anstehenden Verkündungstermin ein umfassendes Anerkenntnis des Patienten veranlasst, so dass das Gericht lediglich das Anerkenntnisurteil vom 01.07.2021 (- 22 C 269/19 -) erlassen konnte. Eine grundsätzliche Klärung der strittigen Abrechnungsfragen scheint nicht im Interesse der privaten Krankenversicherungen zu liegen.
Es steht daher zu befürchten, dass die Krankenversicherung die Rechnungskürzungen auf den pauschalen Steigerungssatz von 1,3 bei der IMRT fortführen werden, was zu einer erheblichen Zunahme gerichtlicher Verfahren führen wird. Auch hier dürfte diese gebührenrechtliche Problematik trotz der relativ einfachen Rechtslage erneut auf dem Rücken der privatversicherten Patienten ausgetragen werden.
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Sehr geehrter Dr.F. Wölk.
ich war in derlei Prolematik auch lange Zeit betroffen,wir hatten in diesem zusammenhang auch mehrmals geschrieben,wobei sie uns immer eine große hilfe und stütze waren..Meine Sache ist ja bereits erledigt.Dennoch interessiert mich dies wieterhin sehr.
Betrifft dies immer noch die LKH oder sind jetzt auch noch andere privaten Kassen mit beteiligt.
mit freundlichen grüßen
Walter Lehr
Sehr geehrter Herr Lehr,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Leider betrifft die aktuelle Problematik nicht allein die LKH, sondern auch viele andere privaten Krankenversicherungen.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Wölk
Man bedenke, dass die GKV nur ein Drittel von dem zahlt, was PKV-Patienten löhnen müssen. Es handelt sich somit nicht um ein Preisdumping, sondern um Schadenbegrenzung. Es gibt in der GOÖ keine Gebührennummer, die passend für die IMRT abgerechnet werden kann. Das sieht auch der BVDST ein. Daher hat man sich auf die GOÄ-Nr. 5855 mit einem begrenzten Faktor geeinigt. Was auch rechtens ist. Hierzu gab es auch schon ein LG Urteil und 2 AG Urteile hinsichtlich der früheren Empfehlung des BVDST. Es gibt leider Ärzte und Zentren, die sich nicht einmal an die eigenen Empfehlungen des Berufsverbands halten, und die schwerkranken Patienten in Gerichtsverfaahren treiben.
Sehr geehrter Herr Kapica,
vielen Dank für Ihre Anmerkung. Ihre Ansicht teilen wir aber nicht.
Der Vergleich zum GKV-System ist wenig hilfreich, weil das PKV-Preisniveau insgesamt deutlich über dem GKV-Niveau liegt. Dazu hat sich Gesetzgeber entschieden. Warum ausgerechnet im Bereich der Radioonkologie daher der Vergleich zur Rechtfertigung einer Preissenkung dienen soll, erschließt sich mir nicht.
Auch den Begriff den „Schadensbegrenzung“ halte ich für verfehlt, denn hier geht es darum, dass auch im Bereich der Privatversicherung der technische Fortschritt im Interesse der Patienten finanziert werden muss. Dass auch Strahlentherapeuten als Unternehmer legitime Gewinninteressen haben, führt nicht zu „Schäden“.
Ferner beruht die Analogie zur IORT nach der GOÄ-Ziffer 5855 auf der Vergleichbarkeit der Kosten und des Aufwandes zur einzelnen Fraktion einer IMRT. Warum dann aber nicht auch der Gebührenrahmen nach § 5 Abs. 2 und 3 GOÄ gelten soll, erschließt sich ebenfalls nicht.
Die von Ihnen zitierten Entscheidungen kenne ich leider nicht. Wenn es sie gibt, halte ich sie aber auch für rechtlich verfehlt. Warum ein einzelner Berufsverband für Dritte verbindliche Vorgaben zur Abrechnung der GOÄ erlassen soll, halte ich rechtlich nicht für begründungsfähig. Dabei erlaube ich mir den höflichen Hinweis, dass auch an den aktuellen Abrechnungsempfehlungen des BVDST e.V. die Mehrzahl der Strahlentherapeuten nicht beteiligt war und die radioonkologischen universitären Zentren in den gesamten Entscheidungsprozess nicht eingebunden waren. Es handelt sich daher nicht um eine Abrechnungsempfehlung „ihres“ Berufsverbandes, sondern um einen Vertrag zulasten Dritter. Daher sehen wir die Verantwortlichkeit für die aktuellen gerichtlichen Verfahren auch eher auf Seiten der Kostenträger und des BVDST e.V. – über diese Frage kann aber natürlich ausgiebig gestritten werden, was das Problem nicht löst.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Wölk