Unvorhersehbare Verhinderung des Wahlarztes?
0Die Fälle der Verhinderung eines Wahlarztes sind in Krankenhäusern trotz der Grundsatzentscheidung des BGH vom 20.12.2007 (- III ZR 144/07 -) nach wie vor mit vielen Unsicherheiten behaftet.
In einem aktuellen Verfahren vor dem OLG Bamberg (- 4 U 152/23 e -) hatte das Gericht über eine Berufung gegen ein Urteil des Landgericht Würzburg vom 17.10.2023 (- 14 O 1058/22 -) zu entscheiden.
Streitgegenständlichen war der Honoraranspruch des Krankenhauses gegen eine notfallmäßig aufgenommene Patientin, bei der sich erst nach längerer Beobachtung und Diagnostik, die Notwendigkeit zu einer Operation ergab. Bei Entscheidung über die dringend gewordene Operation zeigte sich aber, dass der zuständige Wahlarzt nicht zur Verfügung stand, so dass mit der Patientin eine Operation durch den ständigen Vertreter im Wege einer Individualvereinbarung vereinbart worden ist. Die hinter der Patientin stehende Krankenversicherung verweigerte den Ausgleich der Rechnung unter Hinweis auf die fehlende Aufklärung über den Grund und die Dauer der Verhinderung sowie die zu späte Aufklärung über die Verhinderung des Wahlarztes.
Das Landgericht Würzburg hatte diese Argumentation bereits zurückgewiesen und die Patientin zur Zahlung verurteilt. In der mündlichen Verhandlung über das Berufung ging das OLG Bamberg sogar noch weiter und stellte die Frage, ob es für die vorliegende Situation überhaupt auf die Wirksamkeit der Vertretervereinbarung ankäme, weil auch ein Fall der unvorhergesehenen Verhinderung vorliegen könnte, der bereits von der Wahlleistungsvereinbarung nach § 17 KHEntgG erfasst werde. Nach entsprechenden Hinweisen wurde die Berufung zurückgenommen.
Die Rechtsauffassung des OLG Bamberg ist sicherlich besonders krankenhausfreundlich, aber weist auf ein Problem in der Praxis hin, wenn sich die Verhinderung des zuständigen Wahlarztes erst im Verlauf der Behandlung ergibt. Denn das vom BGH aufgestellte Erfordernis der frühstmöglichen Aufklärung ist dann zwangsmäßig erst kurz vor der jeweiligen Behandlung und kann sehr unterschiedliche Behandlungen in unterschiedlichen Fachabteilungen betreffen, so dass der Patient ggf. im Verlauf einer längeren Behandlung eine Vielzahl von Vertretervereinbarungen unterzeichnen muss, über er dann auch sukzessive aufgeklärt werden müsste. Dies macht faktisch wenig Sinn und hilft auch der Patientenautonomie nicht weiter, so dass auch unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen viel für die vom OLG Bamberg geäußerte Rechtsauffassung spricht.
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