Einwilligung in eine ärztliche Behandlung bei Minderjährigen

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Das OLG Hamm hat in einem Urteil vom 29.09.2015 (I-26 U 1/15, 26 U 1/15) klarstellend festgestellt, dass es zu einem ärztlichen Heileingriff bei einem Minderjährigen grundsätzlich der Zustimmung beider sorgeberechtigter Eltern bedarf.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall wurde bei einem in der 32. Schwangerschaftswoche geborenen Kind eine diagnostische operative Biopsie durchgeführt. Bei dem ärztlichen Aufklärungsgespräch war nur die Mutter anwesend, die auch einzig die zu unterzeichnen Aufklärungsbögen unterzeichnet hat. Bei der Biopsie kam es zu Komplikationen, wodurch der Eingriff abgebrochen werden musste. Das Kind verstarb letztlich im Alter von zweieinhalb Jahren, nachdem es nahezu durchgängig, im Anschluss an die abgebrochene Behandlung, im Krankenhaus stationär behandelt werden musste. In dem Verfahren berief sich der bei dem Aufklärungsgespräch unstreitig nicht anwesende Vater darauf, dass er mangels Aufklärung keine Einwilligung erteilt habe, obwohl eine solche zwingend erforderlich gewesen sei.

Das Gericht hat zwar bestätigt, dass grundsätzlich beide sorgeberechtigten Eltern in ärztliche Heileingriffe bei einem minderjährigen Kind einwilligen müssen. Allerdings könne aus diesem grundsätzlichen Erfordernis nicht immer gefolgert werden, dass bei einer fehlenden Einwilligung eines Elternteils eine Haftung der Behandler aufgrund von Aufklärungsfehlern angenommen werden muss.

Auch hier kommt es vielmehr auf den Einzelfall ein. Das Gericht hat in der vorbezeichneten Entscheidung drei Fallgruppen herausgearbeitet:

  1. Routinefällen

Bei Routineeingriffen ohne großes Risiko darf der Arzt, so das Gericht, immer davon ausgehen, dass der mit dem Kind bei ihm erschienene Elternteil die Einwilligung in die ärztliche Behandlung für den anderen Elternteil mit erteilen darf.

  1. Eingriffe schwerer Art

Handelt es sich demgegenüber um schwerere Eingriffe mit nicht unerheblichen Risiken, so muss sich der Arzt vergewissern, ob der erschienene Elternteil die Ermächtigung des anderen Elternteils tatsächlich innehat und wieweit diese reicht. Das Gericht führt aus, dass in einem solchen Fall die Auskunft des erschienenen Elternteils reicht, sofern der Arzt keine entgegenstehenden Umstände erkennen kann.

  1. Schwerwiegende Eingriffe

Wenn es um schwierige und weitreichende ärztliche Eingriffe geht, die mit erheblichen Risiken für das Kind verbunden sind, muss sich der behandelnde Arzt darüber vergewissern, ob der abwesende Elternteil mit der Behandlung einverstanden ist.

In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall hatte sich der behandelnde Arzt nach der Einwilligung des abwesenden Elternteils erkundigt und sich die Angabe durch den anwesenden Elternteil durch Unterschrift bestätigen lassen. Das Gericht hat den hier streitgegenständlichen Eingriff in die Fallgruppe 2 eingeordnet und das Vorgehen des behandelnden Arztes als ausreichend angesehen. Ein Aufklärungsfehler wurde in diesem Fall verneint.

Sinnvoll ist es, bei dem erschienen Elternteil nach der Einwilligung des abwesenden Elternteils zu fragen, die Antwort zu dokumentieren und sich die Dokumentation entsprechend unterzeichnen zu lassen. Andernfalls kann unter Umständen tatsächlich ein Aufklärungsmangel angenommen werden, der gegebenenfalls zu einer Haftung führen könnte.

Sollten Sie Fragen zur Einwilligung in ärztliche Behandlungen im Speziellen oder der Arzthaftung im Allgemeinen haben, stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de.

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