Keine Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung bei Abweichung vom Wortlaut der gesetzlichen Wahlarztkette
0Seit dem inhaltlich falschen und wenig überzeugend begründeten Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 04.05.2016 (- 13 S 123/15 -) haben in gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Krankenhäuser bzgl. der Vergütung von Wahlleistungsvereinbarungen viele Krankenversicherungen die Wirksamkeit von Wahlleistungsvereinbarungen beanstandet, weil der Hinweis auf die sog. Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG sich nur auf die „Ärzte des Krankenhauses“ bezog und nicht den genauen Wortlaut des § 17 Abs. 3 KHEntgG wiedergab, der sich auf die „angestellten oder verbeamteten Ärzte“ des Krankenhauses bezieht. Mehrere Gerichte hatten in dieser Formulierung der Wahlleistungsvereinbarungen eine unzulässige Ausdehnung der Wahlarztkette auf Honorarärzte gesehen und daher unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH vom 16.10.2014 (- III ZR 85/14 -) eine Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung nach § 134 BGB angenommen. Die beanstandete Formulierung entsprach den älteren Muster-Wahlleistungsvereinbarungen der DKG e.V.
Dieser verfehlten Rechtsprechung hat der BGH in seiner Entscheidung vom 19.04.2018 (- III ZR 255/17 -) nun deutlich widersprochen und einen Verstoß gegen § 134 BGB verneint. An dem Verfahren war unsere Kanzlei beteiligt.
Nach dem BGH ergibt sich aus der objektiven Auslegung der entsprechenden Klausel der Wahlleistungsvereinbarung keine Abweichung vom Regelungsgehalt des § 17 Abs. 3 KHEntgG. Auch aus Sicht eines verständigen Patienten kann sich der Hinweis auf „Ärzte des Krankenhauses“ nur auf angestellte bzw. verbeamtete Wahlärzte beziehen, so dass sog. Honorarärzte von der Klausel nicht erfasst werden. Dies folge nach dem BGH auch aus dem Sinn und Zweck der Wahlleistungsvereinbarung, weil der Patient sich gerade die besondere Fachkunde der Ärzte des Krankenhauses für seine Behandlung „hinzukaufen“ will, die in der Regel festangestellte Ärzte des Krankenhauses in leitender Funktion und gerade keine freien Honorarärzte sind.
Dabei verweist der BGH auch darauf, dass dieses Auslegungsergebnis durch die zusätzlich übergebene Wahlarztliste des Krankenhauses unterstützt wird, auf der als Wahlärzte nur angestellte Ärzte des Krankenhauses angegeben waren. Auf die Wahlarztliste war in der schriftlichen Patienteninformation nach § 17 Abs. 2 KHEntgG hingewiesen worden. Der BGH hat zwar nicht entschieden, ob diese zusätzlichen Dokumente auch Bestandteil der Wahlleistungsvereinbarung geworden sind, aber angedeutet, dass nach Auffassung des Gerichts gegen eine solche Annahme keine Bedenken beständen. Vorliegend reichte es dem BGH aus, dass die Unterlagen zumindest als Auslegungsmittel für den Inhalt der Klausel zu berücksichtigen waren.
Die Entscheidung ist zu begrüßen, weil sie eine für die Krankenhäuser lästige Rechtsfrage pragmatisch beantwortet. Es ist nach wie vor kein Grund ersichtlich, warum eine Wahlleistungsvereinbarung nichtig sein sollte, wenn die gegenüber dem Patienten benannten Wahlärzte ausschließlich angestellte Ärzte des Krankenhauses sind. Bei der auch vom BGH angenommenen Auslegung der Klausel droht keine Ausweitung der Wahlleistungsvereinbarung auf sog. Honorarärzte, weil diese an der Wahlarztkette nach § 17 Abs. 3 KHEntgG nicht teilnehmen (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2014 – III ZR 85/14 –).
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