ASV-Vergütung verjährt in vierjähriger Verjährungsfrist

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Bei der ASV-Vergütung nach § 116b SGB V von Krankenhäusern wird von den Krankenkassen teilweise immer noch vertreten, dass diese in der kurzen zweijährigen Verjährungsfrist nach § 109 Abs. 5 SGB V verjährt, auch wenn die unterschiedlichen Verjährungsfristen für Krankenhäusern und Vertragsärzten kaum einen Sinn macht.

Daher ist erfreulicherweise das SLG Nordrhein- Westfalen in einer Entscheidung vom 20.11.2024 (– L 10 KR 1133/23 KH –) auch zu dem Ergebnis gekommen, dass für die ASV-Vergütung nach § 116b SGB V auch die vierjährige Verjährungsfrist gilt.

Soweit § 109 Abs. 5 SGB V  bestimmt, dass Ansprüche der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen in zwei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs verjähren, in dem sie entstanden sind, ist diese Regelung nach Ansicht des SLG nicht einschlägig für Ansprüche der Krankenhäuser aufgrund der „ambulanten Behandlung im Krankenhaus“ nach § 116b SGB V.

Dies ergibt sich nach Ansicht des LSG aus der Gesetzgebungsgeschichte, der Regelungssystematik sowie den mit der Einführung der verkürzten Verjährung vom Gesetzgeber verfolgten Zielen. Alle Vergütungsansprüche der Krankenhäuser gegen die Krankenkassen für die Behandlung Versicherter unterlagen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bis zum Inkrafttreten von § 109 Abs. 5 SGB V am 01.01.2019 grundsätzlich der vierjährigen sozialrechtlichen Verjährung. Dies war zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Das BSG hat jedoch den Verjährungsregelungen in den Büchern des SGB das allgemeine Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung entnommen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 11/15 R –). Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz gilt zur Überzeugung des LSG Nordrhein-Westfalen für Ansprüche nach § 116b SGB V.

Aus dem Regelungszusammenhang mit der Vorschrift des § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V, wonach die Krankenkassen verpflichtet sind, unter Beachtung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG), des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntG) und der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) zu führen, ergebe sich vielmehr, dass die verkürzte Verjährungsfrist nur Vergütungsansprüche für voll- und teilstationäre sowie stationsäquivalente Krankenhausbehandlungen, nicht aber für ambulante Leistungen der Krankenhäuser erfasse.

Zwar unterscheidet § 109 Abs. 5 S. 1 SGB V seinem Wortlaut nach nicht explizit zwischen den Versorgungsbereichen (Sektoren) der primär stationären und der primär ambulanten Versorgung. Vielmehr ist (allein) von Ansprüchen der Krankenhäuser auf Vergütung erbrachter Leistungen und Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückzahlung von geleisteten Vergütungen die Rede. Die systematische Verortung der Verjährungsregelung in § 109 SGB V stehe einer auf den Wortlaut verengten Auslegung der Vorschrift jedoch entgegen. Schon der Regelungszusammenhang zu § 109 Abs. 4 S. 2 SGB V und dessen Inbezugnahme von § 39 SGB V lege nahe, dass Vergütungen für ambulante Leistungen des Krankenhauses weitgehend nicht dem § 109 Abs. 5 SGB V unterfallen . Der Regelungszusammenhang zu § 109 Abs. 4 S.3 SGB V mache  deutlich, dass ambulante Leistungen der Krankenhäuser nicht erfasst sein sollen, die von § 109 Abs. 5 SGB V erfassten Vergütungsansprüche sich mithin nur auf solche Leistungen beziehen, die Gegenstand von Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntG und der BPflV sind. Auch § 109 Abs. 6 SGB V spreche im Regelungszusammenhang gegen die Erfassung der Vergütung ambulanter Leistungen, soweit dort von Forderungen von Krankenhäusern, die aufgrund der Versorgung von aufgenommenen Patientinnen und Patienten entstanden sind, die Rede ist.

Weder Leistungen der „Ambulanten Behandlung im Krankenhaus“ noch Leistungen der ASV nach § 116b SGB V sind danach Krankenhausleistungen im Sinne des § 39 SGB V, sondern stellen einen sektorenverbindenden Versorgungsbereich dar, der als ausgegliedert zu betrachten ist. Sie können schon aus diesem Grund keine Leistung i.S. des § 109 Abs. 5 SGB V darstellen. Schließlich sind solche Ansprüche nicht originärer Bestandteil des Versorgungsvertrags nach § 109 SGB V. Vielmehr ist die Zulassung lediglich eine Voraussetzung für die Teilnahme an der in § 116b SGB V geregelten ambulanten Versorgung. Die Anwendung von § 109 Abs. 5 SGB V hingegen setzt voraus, dass eine Leistung Bestandteil des Versorgungsvertrages ist .

Findet § 109 Abs. 5 SGB V nach alledem auf den streitgegenständlichen Vergütungsanspruch keine unmittelbare Anwendung, bleibt auch für eine analoge Anwendung der Vorschrift kein Raum. Jedenfalls vermochte das LSG eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte und damit planwidrige Regelungslücke nicht aufgrund konkreter Umstände positiv festzustellen.

Die Entscheidung stellt erfreulicherweise die unterschiedlichen Verjährungsfristen für Krankenhäuser im Bereich der ambulanten und stationären Leistungserbringung klar und schafft damit etwas mehr Rechtssicherheit bei der Durchsetzung der oft strittigen Vergütungen für die ambulanten Leistungen der Krankenhäuser

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