BSG bleibt dabei – geriatrische Behandlung erst ab 60 Jahre

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Das BSG bestätigte mit seiner Entscheidung vom 17.12.2020 (- B 1 KR 21/20 -) seine Auffassung, wonach die Kodierung des OPS-Kode 8-550 für die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung ein Mindestalter des Patienten von 60 Jahren voraussetzt.

Dies war bereits Gegenstand der kritisierten Entscheidung des BSG vom 23.06.2015 (- B 1 KR 21/14 R -), welches allerdings auch für zahlreiche Kritik gesorgt hatte. So hatte auch das LSG Hamburg in seiner Entscheidung vom 28.05.2020 (- L 1 KR 25/18 -) dem BSG widersprochen und darauf hingewiesen, dass der OPS-Kode 8-550 kein Mindestalter voraussetze. Die vom LSG Hamburg zugelassene Revision führte nun zur Aufhebung der Entscheidung.

Für die Kodierung des OPS-Kode 8-550 ist nach dem BSG regelmäßig ein Alter von 70 Jahren, zumindest aber ein Alter von 60 Jahren in Verbindung mit plausibilisierenden Angaben erforderlich. Mangels klarer definitorischer Vorgaben kann nach dem BSG eine „Altersbehandlung“ nur Personen betreffen, die in einem gesamtgesellschaftlichen Konsens als „alt“ angesehen werden können. Unter der Mindestgrenze von 60 Jahren ist davon nach dem BSG nicht auszugehen. Einwendungen und Einreden gegen den von der Krankenkasse geltend gemachten Erstattungsanspruch greifen nach Meinung der Richter in Kassel nicht durch. Der Forderung stehe der Einwand unzulässiger Rechtsausübung dem Anspruch nicht entgegen. Ein Vertrauen des Krankenhauses, dass eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung auch bei Unter-60-Jährigen zu kodieren sei, konnte sich nach dem BSG nicht ausnahmsweise bilden. Es habe weder eine langjährige gemeinsame Praxis von Krankenhäusern und Krankenkassen zur Kodierung und Anerkennung des OPS-Kodes 8-550 auch bei Unter-60-Jährigen gegeben, noch war eine solche Praxis durch höchstrichterliche Rechtsprechung gebilligt worden. Die Entscheidung des BSG vom 23.6.2015 (- B 1 KR 21/14 R -) war die erste Entscheidung, die zu den Voraussetzungen einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung ergangen ist. Zudem enthielten nach dem BSG bereits die ersten Auslegungshinweise des Kompetenz-Centrums Geriatrie des MDK zur Auslegung des Begriffs „geriatrisch“ im OPS 8-550 eine Altersuntergrenze von 60 Jahren. Dies zeige nach Meinung der Richter in Kassel, dass die Frage nach einem Mindestalter zur Kodierung der OPS-Kode 8-550 frühzeitig adressiert und aufgeworfen war.

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass die vom BSG stets betonte Wortlautauslegung nach Willen des BSG oft stark vom Ziel der Auslegung gesteuert ist. Denn statt der numerischen Auslegung des Begriffes Geriatrie hätte sich auch angeboten, eine Auslegung über den Behandlungsbedarfs aufgrund geriatrischer Erkrankungen anzunehmen, was dem Sinn und Zweck des OPS-Kode 8-550 auch besser gerecht geworden wäre. So wird abzuwarten sein, ob mit Blick auf den weiter ansteigenden Altersdurchschnitt nach Auffassung des BSG in einigen Jahren auch 60 Jahre noch „geriatrisch“ behandelt werden dürfen.

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