Rubrik: Abrechnungsstreitigkeiten

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Eine Ausschlussfrist ist keine Ausschlussfrist

Das BSG hatte sich in einer Entscheidung vom 28.08.2024 (- B 1 KR 33/23 R -) mit den Fragen zu beschäftigen, ob die nach § 8 Satz 1 PrüfVV 2016 erforderliche Mitteilung des Erstattungsanspruch beziffert werden muss und ob die fehlende Mitteilung eines bezifferten Erstattungsanspruchs und Nichteinhaltung der Ausschlussfrist des § 8 Satz 4 PrüfVV 2016 einen Anspruchsverlust bedeutet.

Das BSG hat dazu zwar entschieden, dass die Mitteilung eines konkret bezifferten Erstattungsanspruches geboten ist, die ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnete Frist in § 8 Satz 4 PrüfVV 2016 aber keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist sei und daher die Fristversäumung einer späteren Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nicht entgegenstände.

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Zur Reichweite des Aufrechnungsverbotes nach dem SGB V

Das BSG hat sich am 28.08.2024 in einer Reihe von Entscheidungen (- B 1 KR 18/23 R -, – B 1 KR 23/24 R -, B 1 KR 24/24 und  – B 1 KR 25/24 R -) mit der strittigen Frage zu beschäftigen, ob die Vertragsparteien der sog. Übergangs-PrüfVV berechtigt waren, die Fortgeltung der unbeschränkten Aufrechnungsmöglichkeit der Krankenkassen nach den Regelungen der §§ 8, 10 PrüfVV 2016 zu vereinbaren, nach dem zum 01.01.2020 das grundsätzliche Aufrechnungsverbot in § 109 Abs. 6 SGB V in Kraft getreten ist.

Die Wirksamkeit der Fortgeltung der unbeschränkten Aufrechnungsmöglichkeit war von den Instanzgerichten teilweise bezweifelt worden (vgl. etwa SG Nürnberg, Urteil vom 29.03.2023 – S 2 KR 326/22 –SG Halle (Saale), Urteil vom 25.06.2024 – S 17 KR 1209/21 –; a.A. SG Braunschweig, Urteil vom 26.02.2024 – S 56 KR 1077/21 – und Bayerisches LSG, Urteil vom 13.05.2024 – L 20 KR 509/22 –).

Das BSG hat sich dazu entschieden, dass die Regelungen der Übergangs-PrüfVV mit der umfassenden Aufrechnungsmöglichkeit für den Zeitraum 01.01.2020 bis zum 31.12.2021 von der Ermächtigungsvorschrift des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt sind und daher eine Aufrechnung auch mit strittigen Forderungen der Krankenkassen möglich war. Weiter lesen

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Keine Doppelabrechnung für den integrierten Boost nach alten EBM-Ä

Vor der Neufassung der strahlentherapeutischen Gebührenordnungspositionen im  EBM-Ä im Jahr 2021 beanstandeten die Krankenkassen im Rahmen der ASV-Versorgung nach § 116b SGB V regelmäßig die mehrfache Abrechnung der GOP-Nr. 25321, 25322 und 25323 EBM-Ä aF pro Fraktion wenn neben dem eigentlichen Zielvolumen eine sog. integrierter Boost bestrahlt worden ist. Eine zeitlich getrennte Boostbestrahlung (sog, sequentieller Boost) wäre dagegen gesondert vergütet werden, allerdings war weder aus strahlenbiologischen Gründen noch mit Blick auf den zusätzlichen zeitlichen Aufwand eine solche Behandlung für die primär betroffenen Brustkrebspatientinnen wünschenswert. Die zusätzliche Abrechnung des integrieren Boost war dabei in der vertragsärztlichen Versorgung von den gesetzlichen Krankenkassen kaum beanstandet worden.

Die Problematik ist durch Neufassung der strahlentherapeutischen GOP-Nrn. des EBM-Ä zwar erledigt, allerdings sind noch zahlreiche Regressfälle bzw. Leistungskürzungen nach der alten Rechtslage zu entscheiden. Bedauerlicherweise hat das LSG Hessen in einer Entscheidung vom 07.11.2024 (- L 8 KR 53/21 -) den Leistungserbringer trotz der eindeutigen medizinischen Sachlage die Mehrfachberechnung der GOP-Nrn. verweigert. Weiter lesen

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Unvorhersehbare Verhinderung des Wahlarztes?

Die Fälle der Verhinderung eines Wahlarztes sind in Krankenhäusern trotz der Grundsatzentscheidung des BGH vom 20.12.2007 (- III ZR 144/07 -) nach wie vor mit vielen Unsicherheiten behaftet.

In einem aktuellen Verfahren vor dem OLG Bamberg (- 4 U 152/23 e -) hatte das Gericht über eine Berufung gegen ein Urteil des Landgericht Würzburg vom 17.10.2023 (- 14 O 1058/22 -) zu entscheiden.

Streitgegenständlichen war der Honoraranspruch des Krankenhauses gegen eine notfallmäßig aufgenommene Patientin, bei der sich erst nach längerer Beobachtung und Diagnostik, die Notwendigkeit zu einer Operation ergab. Bei Entscheidung über die dringend gewordene Operation zeigte sich aber, dass der zuständige Wahlarzt nicht zur Verfügung stand, so dass mit der Patientin eine Operation durch den ständigen Vertreter im Wege einer Individualvereinbarung vereinbart worden ist. Die hinter der Patientin stehende Krankenversicherung verweigerte den Ausgleich der Rechnung unter Hinweis auf die fehlende Aufklärung über den Grund und die Dauer der Verhinderung sowie die zu späte Aufklärung über die Verhinderung des Wahlarztes. Weiter lesen

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Keine vorstationäre Behandlung bei Ablehnung der Krankenhausbehandlung

In einer Reihe von Entscheidungen hat das BSG die Aufnahme ins Krankenhaus zum entscheidenden Abgrenzung der stationäre Behandlung zu anderen Behandlungen betont. In einer aktuellen Entscheidung hat das BSG vom 25.06.2024 (– B 1 KR 12/23 R – ) die zentrale Bedeutung der Aufnahme ins Krankenhaus für den Vergütungsanspruch noch einmal betont und gleichzeitig der Aufnahme von eigenständigen Vergütungsregelungen in die Landesverträge nach § 112 SGB V eine Absage erteilt. Dies gilt auch für die mögliche Regelung der Vergütung einer Aufnahmeuntersuchung.

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Rechtsprechung bestätigt Abrechnung der Protonentherapie

Die Abrechnung moderner radioonkologischer Verfahren in der privaten Krankenversicherung bleibt ein juristischer Dauerbrenner. Dies gilt auch für die besonders aufwendige Protonentherapie.

Nach dem die grundsätzlichen Streitigkeiten um die Abrechnung der sog. IMRT-Bestrahlungen erfreulicherweise erledigt sind, rückt die neuere Innovation der Protonentherapie in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen. Weiter lesen

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GOÄ gilt für alle!

Aufgrund jüngerer Rechtsprechung wurde in der Praxis erneut die grundlegende Frage diskutiert, ob für ärztliche Leistungen, die durch eine juristische Person durch angestellte Ärzte erbracht werden, die GOÄ gilt, weil diese ausdrücklich nur für Ärzte gelte. Insbesondere das OLG Frankfurt hatte die Bindungswirkung der GOÄ in zwei jüngeren Entscheidungen mit wenig überzeugender Begründung verneint (vgl. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteile vom 09.11.2023 – 6 U 82/23 – und 21.09.2023 – 6 W 69/23 –).

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung vom 04.04.2024 (- III ZR 38/23 -) klargestellt, dass die GOÄ auch für ärztliche Leistungen gilt, die von angestellten Ärzten einer juristischen Person erbracht werden und abweichende Pauschalpreisvereinbarungen aufgrund eines Verstoßes gegen § 125 BGB bzw. § 134 BGB nichtig wären. Streitgegenständlich war die Abrechnung einer radioonkologischen Behandlung (sog. Cyberknife-Verfahren), das nicht Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung ist und daher auch gegenüber gesetzlich versicherten Patienten üblicherweise nach Analogtatbeständen gem. § 6 Abs. 2 GOÄ abgerechnet wird. Die vereinbarte Pauschalvergütung beruhte offenbar auf Rahmenvereinbarungen mit den Kostenträgern, die aber die Krankenkasse des auf Rückzahlung klagenden Patienten nicht beigetreten war, Weiter lesen