Der Wille zur Privatbehandlung – weiß jeder Patient, was auf ihn zukommt?
0Die Wirksamkeit von ärztlichen Honorarvereinbarungen auf Basis einer Abrechnung nach der GOÄ mit gesetzlich versicherten Patienten erfordert eine Aufklärung des Patienten über die wirtschaftlichen Folgen der Privatbehandlung (§ 630c Abs. 3 BGB). Im Rahmen der ambulanten Behandlung durch einen Vertragsarzt sind auch die strengen Voraussetzungen des § 18 des Bundesmantelvertrages für Ärzte (BMV-Ä) zu beachten. Danach darf ein Vertragsarzt von einem gesetzlich Versicherten eine Vergütung nur fordern, wenn dieser die elektronische Gesundheitskarte nicht vorlegt, der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden und dieses dem Vertragsarzt ausdrücklich bestätigt oder dieser Leistungen erbringt, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, vorher die schriftliche Zustimmung des Versicherten eingeholt und diesen auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen hat.
Die Anforderungen an diese Aufklärung vor der Privatbehandlung werden teilweise sehr unterschiedlich interpretiert, wobei eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Osnabrück (Urteil vom 10.04.2018 – 3 S 151/17 –) erstaunlicherweise nur sehr geringe Anforderungen an die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung stellt.
Nach Ansicht des Gerichts ergibt sich bereits aus der vom Patienten unterzeichneten Honorarvereinbarung für die Privatbehandlung, dass der Patient vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt hat, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Mit der Vereinbarung beauftragt der Patient den Arzt danach ausdrücklich und unmissverständlich zu einer Privatbehandlung. Dabei geht das Gericht davon aus, dass die Privatbehandlung die Kostentragung durch den Patienten impliziert. Die Erklärung beinhaltet damit für das Gericht ohne Zweifel das Verlangen des Patienten, auf eigene Kosten behandelt zu werden. Dem steht der Hinweis in der Vereinbarung, dass eine Erstattung der vereinbarten Vergütung durch Erstattungsstellen (Versicherungen, Beihilfestellen) für die Privatbehandlung möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist, nicht entgegen. Vielmehr unterstreicht dieser Hinweis, dass der Patient möglicherweise auch dann für die Kosten der Behandlung aufzukommen hat, wenn er private Zusatzversicherungen hat. Durch die Unterschrift hat der Patient dann ausdrücklich den Wunsch, auf eigene Kosten behandelt zu werden, bestätigt.
Ein Verstoß gegen § 630 c Abs. 3 BGB liege nach Ansicht des Gerichts nicht vor, weil der Arzt in dem entschiedenen Fall weder wusste noch hinreichende Anhaltspunkte dafür hatte, dass sich die private Zusatzversicherung des Patientenweigern würde, die Kosten für die Behandlung zu übernehmen. Zusätzlich nimmt das Landgericht Osnabrück an, dass jeder gesetzlich Versicherte weiß, dass eine private Zusatzversicherung nicht in jedem Fall eintrittspflichtig ist. Er kann in der Regel besser als der behandelnde Arzt die Reichweite seiner Zusatzversicherung beurteilen. Auf das entsprechende Risiko ist der Patient auch ausdrücklich im Rahmen der Honorarvereinbarung hingewiesen worden. Für den Arzt ergaben sich auch keine Anhaltspunkte, dass dem Patienten die Reichweite seines Versicherungsschutzes nicht bekannt war. Es obliegt nach Ansicht des Gerichts dann dem Patienten, wenn er kein finanzielles Risiko eingehen will, sich vor Durchführung der Behandlung eine Kostenzusage seiner Krankenversicherung geben zu lassen.
Die arztfreundliche Entscheidung ist hinsichtlich der klaren Verantwortungszuweisung an den Patienten, sich Klarheit über die Reichweite des Versicherungsschutzes zu verschaffen zu begrüßen. Das Risiko des fehlenden Versicherungsschutzes stammt allein aus der Sphäre des Patienten und ist für den Leistungserbringer nicht aufzuklären. Ob mit Blick auf die strengen Anforderungen des § 18 BMV-Ä aber für das ausdrückliche Verlangen des Patienten, auf eigene Kosten behandelt zu werden, die Unterzeichnung einer allgemeinen Honorarvereinbarung ausreicht, erscheint zweifelhaft. Hier sollte zur Rechtssicherheit eine zusätzliche schriftliche Erklärung des Patienten vorliegen.
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