Gerichtliche Sachverständige bei der Bewertung der IMRT-Bestrahlung – gibt es überhaupt neutrale Strahlentherapeuten?

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Bedauerlicherweise nehmen die Rechtstreitigkeiten um die Erstattung der Kosten der sog. intensitätsmodulierten Strahlentherapien (IMRT) mit der Landeskrankenhilfe V.V.a.G. kein Ende.

Obwohl mittlerweile durchaus überzeugende Urteile vorliegen, welche die Abrechnung der Bestrahlungsbehandlungen nach der GOÄ-Ziffer 5855 A gem. § 6 Abs. 2 GOÄ bestätigen, verfolgt die Landeskrankenhilfe V.V.a.G. ihre Politik zur nur anteiligen Erstattung der Behandlungskosten weiter, was gerade hinsichtlich des Bestreitens der Indikation der sog. IMRT-Bestrahlungen bei Prostatakarzinomen für die betroffenen Versicherten zu erheblichen Problemen führen kann.

Dabei zeigt sich in den gerichtlichen Auseinandersetzungen leider auch nach wie vor, dass sich die Gerichte mit der juristischen Aufarbeitung der gebührenrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Leistungserbringern, betroffenen Patienten und der Landeskrankenhilfe V.V.a.G. sehr schwer tun. Nach wie vor werden teilweise gerichtliche Sachverständige aus Österreich bestellt, weil alle in Deutschland tätigen Strahlentherapeuten angeblich befangen seien, was die Verfahren weiter verzögert und unnötig zu weiteren Kosten führt. Aufgrund der Vielzahl von gerichtlichen Verfahren, welche die Landeskrankenhilfe V.V.a.G. in ganz Deutschland aktuell noch führt, sind auch sehr viele Strahlentherapeuten in gerichtliche Auseinandersetzungen mit der Krankenversicherung involviert.

Wie die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Hamm vom 28.04.2017 (- I-29 W 9/17 -) und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 07.07.2017 (- 7 W 17/17 -) zeigen, ist es mittlerweile faktisch ein Problem noch nicht-beteiligte Strahlentherapeuten als gerichtliche Sachverständige zu finden. In beiden Beschlüssen ist auf die sofortige Beschwerde der Landeskrankenhilfe V.V.a.G. die Befangenheit der beauftragten gerichtlichen Sachverständigen festgestellt worden, weil diese an entsprechenden gerichtlichen Verfahren über die Abrechnung der IMRT-Bestrahlung beteiligt waren.

Bei aller Kritik am Vorgehen der Landeskrankenhilfe V.V.a.G. und dem absurd anmutenden „Generalverdacht“ gegen alle in Deutschland tätigen Strahlentherapeuten ist den gerichtlichen Entscheidungen in diesen Fällen zu zustimmen.

Denn nach § 406 Abs. 1 ZPO reicht für die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen schon die nachvollziehbare Befürchtung der fehlenden Neutralität des gerichtlichen Sachverständigen durch eine Partei aus, die tatsächlich auf der Hand liegen dürfte, wenn der Sachverständige aufgrund identischer Streitfragen selbst Partei in einem Parallelverfahren ist.

Diese Fallkonstellation ist aber nicht verallgemeinerungsfähig, weil allein die wirtschaftliche Tätigkeit des gerichtlichen Sachverständigen auf dem gleichen Gebiet keine Befangenheit begründen kann (so auch LG Freiburg, Beschluss vom 25.04.2016 – 12 O 115/13 –). Auch die eigene Abrechnung des gerichtlichen Sachverständigen nach der GOÄ-Ziffer 5855 A  begründet noch keine Befangenheit des Gutachters (so überzeugend OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.10.2017 – I-14 W 19/17 -). Eine Befangenheit kommt auch dann nicht in Betracht, wenn der Arzt für die Behandlungen über kein eigenes Liquidationsrecht verfügt und an der Abrechnungen der Behandlungen durch seinen Dienstherrn inhaltlich nicht beteiligt ist. So würde auch ein Rechtsstreit der Landeskrankenhilfe V.V.a.G. gegen ein Krankenhaus nicht per se, die Befangenheit der angestellten Ärzte des Krankenhauses als gerichtliche Sachverständigen begründen.

Insofern ist in den gerichtlichen Auseinandersetzungen sehr genau zu prüfen, mit welchen Argumenten die Landeskrankenhilfe V.V.a.G. die Befangenheit der gerichtlichen Sachverständigen begründet.

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