GOÄ gilt für alle!

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Aufgrund jüngerer Rechtsprechung wurde in der Praxis erneut die grundlegende Frage diskutiert, ob für ärztliche Leistungen, die durch eine juristische Person durch angestellte Ärzte erbracht werden, die GOÄ gilt, weil diese ausdrücklich nur für Ärzte gelte. Insbesondere das OLG Frankfurt hatte die Bindungswirkung der GOÄ in zwei jüngeren Entscheidungen mit wenig überzeugender Begründung verneint (vgl. dazu OLG Frankfurt am Main, Urteile vom 09.11.2023 – 6 U 82/23 – und 21.09.2023 – 6 W 69/23 –).

Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung vom 04.04.2024 (- III ZR 38/23 -) klargestellt, dass die GOÄ auch für ärztliche Leistungen gilt, die von angestellten Ärzten einer juristischen Person erbracht werden und abweichende Pauschalpreisvereinbarungen aufgrund eines Verstoßes gegen § 125 BGB bzw. § 134 BGB nichtig wären. Streitgegenständlich war die Abrechnung einer radioonkologischen Behandlung (sog. Cyberknife-Verfahren), das nicht Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung ist und daher auch gegenüber gesetzlich versicherten Patienten üblicherweise nach Analogtatbeständen gem. § 6 Abs. 2 GOÄ abgerechnet wird. Die vereinbarte Pauschalvergütung beruhte offenbar auf Rahmenvereinbarungen mit den Kostenträgern, die aber die Krankenkasse des auf Rückzahlung klagenden Patienten nicht beigetreten war,

Der BGH hat die Pauschalvereinbarung als nichtig eingestuft und dabei zunächst klargestellt, dass die GOÄ auch für juristische Personen gilt, die ärztliche Leistungen mit angestelltem Ärzten erbringt. Der Anwendungsbereich der GOÄ nach § 1 Abs. 1 GOÄ setzt nicht voraus, dass Anspruchsteller und Vertragspartner des Patienten ein Arzt ist, sondern dass die Vergütung für die beruflichen Leistungen eines Arztes geltend gemacht wird. Die GOÄ findet deshalb auch dann Anwendung, wenn der Behandlungsvertrag mit einer juristischen Person, zum Beispiel einem Krankenhausträger, abgeschlossen wird und die (ambulanten) Leistungen durch Ärzte erbracht werden, die lediglich im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses in der Erfüllung ihrer eigenen Dienstaufgaben tätig werden und selbst mit dem Patienten keine Vertragsbeziehung eingehen. Nach dem weit gefassten Wortlaut von § 1 Abs. 1 GOÄ ist die Verordnung auf alle „beruflichen Leistungen der Ärzte“ anwendbar, ohne dass zwischen Leistungen differenziert wird, die auf Grund eines Behandlungsvertrags zwischen Arzt und Patient oder von Ärzten im Rahmen eines Anstellungs- oder Beamtenverhältnisses ohne eine eigene vertragliche Beziehung zum Patienten erbracht werden. Aus § 11 Satz 1 BÄO – auf welchem die GOÄ beruht – ergibt sich nach dem BGH nichts Abweichendes. Dort ist ohne weitere Einschränkungen bestimmt, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die „Entgelte für ärztliche Tätigkeit“ in einer Gebührenordnung zu regeln. Auch der BÄO liegt somit ein weit gefasster Wortlaut zugrunde, wonach „berufliche Leistungen der Ärzte“ in einem umfassenden Sinne zu verstehen sind. § 1 Abs. 1 GOÄ und § 11 Satz 1 BÄO beziehen sich explizit auf „Vergütungen für die beruflichen Leistungen der Ärzte“ beziehungsweise – inhaltlich gleichbedeutend – auf „Entgelte für ärztliche Tätigkeit“ und nicht auf die Regelung von Forderungen der Ärzte für ihre ärztliche Tätigkeit. Dafür, dass von der Verordnungsermächtigung nur diejenigen Fälle erfasst werden sollten, in denen die tätig werdenden Ärzte die von ihnen erbrachten Leistungen auch selbst in Rechnung stellen, gibt der Wortlaut nichts her. Allein dieses weite Verständnis des Anwendungsbereichs der GOÄ wird nach dem BGH deren Sinn und Zweck gerecht, der darin besteht, einen angemessenen Interessenausgleich herbeizuführen zwischen denjenigen, die die Leistung erbringen, und denjenigen, die zu ihrer Vergütung verpflichtet sind. Dies ist unabhängig davon, ob der Arzt oder ein Dritter (wie etwa juristische Person) Vertragspartner des Patienten geworden ist.

Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen und stellt klar, dass es für die Bindungswirkung der GOÄ nicht ausreicht, wenn ärztliche Leistungen unter dem Dach einer juristischen Person erbracht werden. Für den entschiedenen Fall der Radioonkologie dürfte aufgrund der bestehenden Vereinbarungen zu Pauschalabrechnungen mit den Kostenträgern aber eine Abrechnung von Pauschalen nach wie vor nicht zu beanstanden sein, weil diese letztlich eine sinnvolle Lösung zur Vermeidung etwaiger Auseinandersetzungen um die „richtige“ Analogabrechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ sind. Voraussetzung ist aber dann aber gerade, dass die Kostenträger des Patienten an den entsprechenden Rahmenvereinbarungen auch teilnehmen. Bedeutsamer ist die Entscheidung im Bereich der kosmetischen Medizin, wo trotz der Entscheidung des BGH vom 23.03.2006 (- III ZR 223/05 -) Pauschalabrechnungen nach wie vor in der Praxis weit verbreitet sind. Diese Praxis war schon immer rechtlich kaum begründbar und wird aufgrund der neuen Entscheidung des BGH rechtlich eindeutig unzulässig.

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