Keine Bindung der Parteien an Honorarvereinbarungen des Gerichts mit Sachverständigen
0In einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren besteht für die Gericht die Problematik, dass sie zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts einen medizinischen Sachverständigen benötigen, die qualifizierten Sachverständigen zur Erstellung der Gutachten aber nur zu Vergütungen bereit sind, die über die gesetzlichen Vergütungen nach dem JVEG hinausgehen. Dies führt dazu, dass Gerichte mit Sachverständigen Vergütungsvereinbarungen treffen, so dass sich aber dann die Frage stellt, ob eine kostenpflichtige Partei durch diese Vereinbarungen gezwungen ist, die deutlich höheren Kosten zu tragen.
In einer aktuellen Entscheidung vom 23.01.2025 (- L 10 KR 61/22 B KO -) hat das LSG Sachsen sich zu dieser Problematik umfassend geäußert.
In einem umfassend begründeten obiter dictum vertrat das Gericht die Ansicht, dass eine nach § 14 JVEG geschlossene Vergütungsvereinbarung des Gerichts kostenpflichtige Dritte nicht binden kann.
Nach § 14 JVEG kann zwar die oberste Landesbehörde oder eine von ihr bestimmte Stelle unter anderem mit Sachverständigen, die häufiger herangezogen werden, eine Vereinbarung über die zu gewährende Vergütung treffen, deren Höhe die nach diesem Gesetz vorgesehene Vergütung nicht überschreiten darf. Eine Regelung zur Bindungswirkung derart getroffener Vereinbarungen für Dritte, also für an der Vereinbarung unmittelbar nicht Beteiligte, enthält das JVEG aber an keiner Stelle.
Die Vergütungsvereinbarung ist letztlich ein Vertrag, der zwischen dem Sachverständigen und der zuständigen Stelle geschlossen werden kann und der die Möglichkeit eröffnet, den gesetzlich ausgestalteten Vergütungsanspruch des Sachverständigen gegenüber der Staatskasse durch eine vertraglich vereinbarte Vergütung zu ersetzen. Zwischen Beteiligten geschlossene Verträge, egal ob sie öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Natur sind, binden jedoch nur die Vertragsparteien, weil nur diese an der Ausgestaltung und den inhaltlichen Vereinbarungen beteiligt sind. Grundsätzlich denkbar ist zwar, dass Verträge rechtliche Wirkungen für Dritte haben können. Verträge zu Lasten Dritter sind aber grundsätzlich unzulässig und binden Dritte auch nicht. Dies liegt vielmehr auf der Hand, wenn Vergütungsvereinbarungen Pauschalen für Sachverständige für bestimmte gutachterliche Tätigkeiten vorsehen, die nicht an dem konkreten zeitlichen Aufwand, sondern nur an die Art der Tätigkeit anknüpfen. Denn allen Pauschalen ist gemein und genau darin liegt ja auch ihr Sinn, dass die jeweils zugrundeliegende, zu vergütende Tätigkeit nicht konkret vergütet wird, mithin überzahlt oder nicht hinreichend vergütet sein kann. Dies hat der Gesetzgeber mit der Ermöglichung der Vergütungsvereinbarungen aber zum Zwecke der Vereinfachung der Abrechnung in Kauf genommen. Ein Durchschnitt setzt aber immer auch eine Überschreitung im Einzelfall voraus, weshalb die erst später erfolgte Präzisierung im zweiten Halbsatz des § 14 JVEG, dass die vereinbarte Höhe der Vergütung die nach dem JVEG vorgesehene gesetzliche Höhe nicht überschreiten darf, schon nach den Grundsätzen der Logik in dieser Absolutheit nicht gemeint gewesen sein kann. Denn dann gäbe es überhaupt keine Möglichkeit, eine rechtlich wirksame Vergütungsvereinbarung abzuschließen. Die Tragweite des zweiten Halbsatzes des § 14 JVEG spielt aber für die hier zu beantwortende Frage nach der Bindungswirkung keine maßgebliche Rolle, weil auch ohne diese Einschränkung schon nach den allgemeinen vertraglichen Grundsätzen aufgrund auch denkbarer nachteiliger Wirkungen für Kostenschuldner eine solche Bindung nicht bestehen kann, schon gar nicht ohne diesbezügliche gesetzliche Anordnung bzw. Erstreckung.
Ob die Entscheidung bzgl. der möglichen Überschreitung der in der JVEG vorgesehenen gesetzlichen Vergütung überzeugt, scheint zweifelhaft. Zu begrüßen ist aber die Entscheidung auf jeden Fall dahingehend, dass auch die bloße Vereinbarung von Pauschalen zwischen Gericht und Sachverständigen keine Bindungswirkung für die Beteiligten eines Verfahrens hat, wenn diese der vereinbarten Vergütung nicht ebenfalls zustimmen.
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