Keine Doppelabrechnung für den integrierten Boost nach alten EBM-Ä

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Vor der Neufassung der strahlentherapeutischen Gebührenordnungspositionen im  EBM-Ä im Jahr 2021 beanstandeten die Krankenkassen im Rahmen der ASV-Versorgung nach § 116b SGB V regelmäßig die mehrfache Abrechnung der GOP-Nr. 25321, 25322 und 25323 EBM-Ä aF pro Fraktion wenn neben dem eigentlichen Zielvolumen eine sog. integrierter Boost bestrahlt worden ist. Eine zeitlich getrennte Boostbestrahlung (sog, sequentieller Boost) wäre dagegen gesondert vergütet werden, allerdings war weder aus strahlenbiologischen Gründen noch mit Blick auf den zusätzlichen zeitlichen Aufwand eine solche Behandlung für die primär betroffenen Brustkrebspatientinnen wünschenswert. Die zusätzliche Abrechnung des integrieren Boost war dabei in der vertragsärztlichen Versorgung von den gesetzlichen Krankenkassen kaum beanstandet worden.

Die Problematik ist durch Neufassung der strahlentherapeutischen GOP-Nrn. des EBM-Ä zwar erledigt, allerdings sind noch zahlreiche Regressfälle bzw. Leistungskürzungen nach der alten Rechtslage zu entscheiden. Bedauerlicherweise hat das LSG Hessen in einer Entscheidung vom 07.11.2024 (- L 8 KR 53/21 -) den Leistungserbringer trotz der eindeutigen medizinischen Sachlage die Mehrfachberechnung der GOP-Nrn. verweigert.Das Gericht kommt zu dieser Entscheidung insbesondere durch eine Parallelwertung zu der ebenfalls mittlerweile überholten Abrechnungssituation nach dem OPS-Kodes 8-52 in der stationären Behandlung und der dazu ergangenen Rechtsprechung (vgl. insbesondere LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.11.2021 – L 11 KR 977/20 – und LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2021 – L 9 KR 334/19 –) und betont die Bindung an den Wortlaut der Abrechnungsbestimmungen durch die entsprechende Rechtsprechung des BSG (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 05.06.2024 – B 6 KA 25/22 R –). Maßgeblich ist danach für das Gericht, dass die Boostbestrahlung nach der Definition des Zielvolumens in der Nr. 4 der Präambel 25.1 des EBM-Ä aF kein eigenes Zielvolumen darstellt, weil keine „Tischverschiebung“ oder „Umlagerung“ des Patienten erfolgt. Der Umstand, dass entsprechende Umlagerungen und Tischverschiebungen aufgrund der aktuellen Technik mit beweglichen Bestrahlungsquellen eh kaum vorkommen, lässt das Gericht nicht gelten. Auch der Hinweis auf die in der alten Präambel durchaus vorgesehene Boostbestrahlung überzeugte das LSG Hessen nicht, denn diese beträfe nach Ansicht des Gerichts nur die sequentielle Boostbestrahlung.

Mit Blick auf die gebotene Wortlautauslegung ist die Entscheidung zwar vertretbar und auch der Hinweis auf das lernende System der Vergütungsregelungen, die in der Hand der jeweiligen Vertragspartner sind, ist prinzipiell richtig, jedoch kann das Ergebnis wenig überzeugen, wenn eine im Interesse der der Patienten liegende Innovation zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung unter gleichzeitiger Kürzung der Vergütung für die Leistungserbringer führt und das „lernende System“ der tatsächlichen Entwicklung Jahre hinterherhinkt. Noch absurder wird es, wenn die abweichende Praxis im Bereich der Gesamtvergütung durch die Krankenkassen hingenommen wird, dann aber für den gleichen Sachverhalt im Bereich der Direktvergütung der ASV-Versorgung zu Kürzungen führt.

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