Kurze Verjährung gilt auch für Aufwandspauschale
0Einige Krankenkassen hatten in der Vergangenheit für erfolglos durchgeführte Prüfungen auf sachlich-rechtliche Richtigkeit Aufwandsentschädigungen an die Krankenhäuser gezahlt. Ein entsprechender Zahlungsanspruch bestand aber vor der Gleichstellung der Prüfverfahren durch den Gesetzgeber nicht, so dass den Krankenhäusern entsprechende Erstattungsansprüche zustanden. Diese haben einige Krankenkassen im Wege der Aufrechnung mit Vergütungsforderungen der Krankenhäuser geltend gemacht, wobei sich die Frage ergab, ob diese Aufrechnung nicht gegen das Aufrechnungsverbot nach § 325 SGB V aF verstieß (vgl. § 109 Abs. 6 SGB V). Zusätzlich bestand das Problem der Verjährung solcher Erstattungsansprüche.
Diese Ansicht der Krankenhäuser hat das BSG in der aktuellen Entscheidung vom 12.12.2023 (- B 1 KR 32/22 R -) eine Absage erteilt, wobei insbesondere die Ausführungen zur Verjährung des Anspruches auf Zahlung der Aufwandspauschale interessant und für die Praxis von erheblicher Bedeutung sind. Die Entscheidung liegt bisher nur als Terminsbericht vor.
Der Aufrechnung durch die Krankenkasse stand nach Ansicht des BSG zunächst nicht das Verbot unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Auch hier betonte das BSG, dass allein ein bloßes Zuwarten – also Nichtstun – grundsätzlich kein Verwirkungsverhalten darstellen kann, so dass das Krankenhaus sich auch nicht darauf verlassen konnte, dass die Krankenkasse diese Ansprüche nicht weiterverfolgt.
Die Aufrechnung der Krankenkasse ist nach dem BSG auch nicht nach § 325 SGB V aF ausgeschlossen. Die Vorschrift umfasst danach nur Ansprüche der Krankenkassen auf Rückzahlung geleisteter “Vergütungen“. Die Aufwandspauschale ist nach dem BSG aber keine Vergütung in diesem Sinne. Die Voraussetzungen einer Analogie bestehen nicht. Der Gesetzgeber bewegt sich nach Ansicht des BSG mit der rückwirkenden Inkraftsetzung der Norm auf verfassungsrechtlich sensiblem Terrain, sodass § 325 SGB V alte Fassung eng auszulegen ist.
Die Durchsetzbarkeit des Erstattungsanspruchs scheitert schließlich nach der Ansicht des BSG nicht an der Einrede der Verjährung. Auf den hier streitigen und im Jahr 2015 entstandenen Erstattungsanspruch findet nach Ansicht der Richter in Kassel weiterhin die vierjährige sozialrechtliche Regelverjährung Anwendung. § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V ist – wie auch § 325 SGB V alte Fassung – auf Aufwandspauschalen nach seinem Wortlaut nicht anwendbar. Allerdings ist die kurze zweijährige Verjährungsfrist nun nach dem BSG ab dem Inkrafttreten von § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V am 01.01.2019 auch auf Ansprüche auf Rückzahlung von Aufwandspauschalen analog anzuwenden. Mit Inkrafttreten des § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V zum 01.01.2019 hat der Gesetzgeber eine eigenständige Verjährungsregelung für die Verjährung von Ansprüchen im Leistungsverhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern geregelt. Diese ist auf Aufwandspauschalen analog anzuwenden. Hingegen liegen die Voraussetzungen dafür, die kurze zweijährige Verjährungsfrist analog § 109 Absatz 5 Satz 2 SGB V auch rückwirkend anzuwenden, nicht vor. Insoweit ist für das BSG keine Regelungslücke ersichtlich, in jedem Fall aber fehlt es an einer vergleichbaren Interessenlage. Auch hier greifen die Erwägungen, die für eine verfassungsschonende enge Auslegung sprechen.
Die Ansicht des BSG ist zumindest bzgl. der einheitlichen Verjährungsfrist begrüßenswert, weil damit Rechtsklarheit geschaffen wird. Es dürfte daher einheitlich vor dem 01.01.2019 von einer vierjährigen Verjährungsfrist von Ansprüchen aus dem Leistungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse auszugehen sein, während nach dem 01.01.2019 einheitlich eine zweijährige Verjährungsfrist greift, was zumindest für die Aufwandspauschale durch die analoge Anwendung des § 109 Abs. 5 SGB V etwas überraschend ist. Die Begründung dieser Analogie ist etwas überraschend, wenn diese unter enger Auslegung des Begriffs Vergütung bei § 325 SGB V aF verneint wird, dann aber bei § 109 Abs. 5 SGB V, der sich auch explizit auf die Vergütungen bezieht, bejaht wird. Warum sich die Interessenlagen bei diesen Regelungen derart unterscheiden, wird aus dem bisher veröffentlichen Terminsbericht noch nicht deutlich. Die Begründung der Entscheidung wird abzuwarten sein.
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