Noch einmal zur Aufwandspauschale
0Aktuell sind noch zahlreiche gerichtliche Verfahren um die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V aF (nunmehr § 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V) anhängig, wobei insbesondere strittig ist, ob entsprechende Ansprüche des Krankenhauses nicht bereits verjährt sind. Die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung der Aufwandspauschale ist dabei von den Gerichten sehr unterschiedlich bewertet worden.
In einer aktuellen und lesenswerten Entscheidung des SG Stralsund vom 26.08.2022 (- S 3 KR 191/21 -) hat das Gericht sich sehr intensiv mit der Frage der Verjährung und der Fälligkeit des gesetzlichen Anspruches nach § 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V auseinandergesetzt.
Das SG Stralsund weist zunächst darauf hin, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG es sich bei dem Anspruch auf Zahlung einer Aufwandspauschale weder um einen Anspruch auf Vergütung für erbrachte Leistungen des Krankenhauses, noch um einen Annexanspruch zum Vergütungsanspruch handelt, sondern dieser eigenen tatbestandlichen Voraussetzungen unterliegt (BSG, Urteil vom 23.06.2015 – B 1 KR 24/14 R – sowie Urteil vom 16.07.2020 – B 1 KR 15/19 R –). Daher erscheint es dem Gericht fraglich, ob Ansprüche auf Aufwandspauschale dem Anwendungsbereich der Regelung des mit Wirkung vom 01.01.2019 eingefügten § 109 Abs. 5 S. 1 SGB V unterfallen, meint dann allerdings doch, dass die Regelungen des § 109 Abs. 5 SGB V ihrem Sinn und Zweck nach auch auf die Aufwandspauschale entsprechend anwendbar sind Allerdings beginnt die Verjährung aufgrund einer entsprechenden Heranziehung des in § 45 Abs. 1 SGB I verkörperten Rechtsgedankens frühestens mit der Entstehung des Anspruchs.
Entsprechend dem aus § 40 Abs. 1 SGB I zu entnehmenden allgemeinen Rechtsgedanken entsteht somit ein Anspruch des Krankenhauses auf Zahlung einer Aufwandspauschale, sobald die in der hier maßgeblichen Rechtsgrundlage des § 275c Abs. 1 Satz 2 SGB V geregelten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Voraussetzung für eine Entstehung des Anspruchs ist daher nicht nur, dass dem Krankenhaus im Rahmen einer Einzelfallprüfung einer Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V durch den MD im Rahmen einer Sachverhaltsermittlung auf der sog. dritten Stufe ein Aufwand infolge erneuter Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall entstanden ist (grundlegend hierzu BSG, Urteil vom 22.06.2010 – B 1 KR 1/10 R –), sondern kumulativ mit den vorgenannten Voraussetzungen ist die Entstehung des Anspruchs auch daran geknüpft, dass „die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Insoweit handelt es sich entgegen der Auffassung der Krankenkasse nicht um eine „auflösende Bedingung“, welche zu einem Entfallen des Anspruchs auf eine Aufwandspauschale nach dessen Entstehung bzw. Fälligkeit führt, sondern das Vorliegen dieser gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen ist konstitutiv für die Entstehung bzw. die Fälligkeit des Anspruchs auf Aufwandspauschale.
Diese Fälligkeit der Aufwandspauschale knüpft an die objektive Erfolglosigkeit des Prüfverfahrens an, was ggf. auch erst in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren über das Bestehen des ungekürzten Vergütungsanspruches festgestellt werden kann. Im Ergebnis können daher die Ansprüche auf Zahlung der Aufwandspauschlage auch Jahre nach Abschluss des Prüfverfahrens erst entstehen.
Gerade die letztere Überlegung des Gerichts macht deutlich, dass auch im Falle der erfolgreichen Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens vom Krankenhaus eine Aufwandspauschale aufgrund der objektiven Erfolglosigkeit des Prüfverfahrens (= keine Minderung der Rechnung) noch nachgefordert werden kann. Aus Sicht der Krankenhäuser ist diese überzeugende Rechtsprechung zu begrüßen, weil sich damit auch die leidige Diskussion um die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung der Aufwandspauschale erledigt. Denn soweit der primäre Vergütungsanspruch zwischen Krankenhaus und Krankenkasse noch im Streit steht, kann bis zur rechtskräftigen Klärung der Sekundäranspruch nur dann verjähren, wenn das Krankenhaus auf die gerichtliche Geltendmachung verzichtet.
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