Privatabrechnung der Protonentherapie durch Gerichte anerkannt
0Leider ist für viele Patienten die Abrechnung moderner radioonkologischer Verfahren nach der GOÄ mit den privaten Krankenversicherungen nach wie vor mit erheblichen Problemen verbunden. Während die technischen Verfahren immer präziser und schonender werden, steigen auch leider die Kosten dieser Verfahren. Die enorm energieintensiven Techniken sind von vielen Einrichtungen kaum noch kostendeckend zu betreiben. Dennoch weigern sich viele private Krankenversicherungen immer noch die erheblichen technischen Fortschritte in der Radioonkologie auch bei der Vergütung nach der veralteten GOÄ von 1996 nachzuvollziehen. Dies gilt auch für die hochaufwendigen Verfahren der Protonentherapie, die aufgrund der erheblichen Kosten nur in wenigen radioonkologischen Zentren in Deutschland überhaupt angeboten wird. Obwohl niemand den erheblichen technischen und personellen Aufwand dieser Verfahren bestreiten kann, verweigern viele private Krankenversicherungen immer noch die praktizierte Abrechnung, nach welcher die Bestrahlung mit dem doppelten Ansatz der GOÄ-Ziffer 5855 A nach § 6 Abs. 2 GOÄ pro Fraktion (Bestrahlungssitzung) abgerechnet wird, obwohl der einfache Ansatz der GOÄ-Ziffer 5855 für die deutlich weniger aufwendige IMRT-Bestrahlung mittlerweile anerkannt ist.
Zwei aktuelle Urteile können die betroffenen, oft schwerstkranken Patienten aber Hoffnung machen. So hat das LG Bochum mit der Entscheidung vom 24.08.2022 (- I-6 O 05/20 -) sowie das LG Stuttgart mit Urteil vom 30.12.2022 (- 16 O 432/20 -) die Abrechnung der Protonentherapie mit dem zweifachen Ansatz der GOÄ-Ziffer 5855 A bestätigt und dabei insbesondere auf die erheblichen Investitions- und Unterhaltskosten der Protonentherapie hingewiesen.
Dabei ist zunächst erfreulich, dass sich insbesondere für die technischen Leistungen des Abschnitts O. der GOÄ mittlerweile durchsetzt, dass die Investitions- und Wartungskosten sowie gerade die erheblichen Kosten der Qualitätssicherung bei der Bildung der notwendigen Analogien nach § 6 Abs. 2 GOÄ zu berücksichtigen sind. Teilweise wird von den privaten Krankenversicherungen trotz der eindeutigen Regelungen in § 4 Abs. 3 GOÄ immer noch vertreten, dass die GOÄ allein die ärztlichen Leistungen vergüte.
Ferner ist den gerichtlichen Entscheidungen insbesondere darin zu zustimmen, dass die Protonentherapie gerade bzgl. des Aufwandes und der Kosten mit keinem anderen Bestrahlungsverfahren vergleichbar ist, das in der GOÄ von 1996 abgebildet ist. Ist der Aufwand und sind die Kosten der Protonentherapie dabei mindestens doppelt so hoch wie bei den hochpräzisen Verfahren, die in der GOÄ noch berücksichtigt sind, muss zur Schließung der vorhandenen Regelungslücke der GOÄ auch der doppelte Ansatz einer GOÄ-Ziffer möglich sein.
Die Entscheidung sind insbesondere aus Sicht der betroffenen Patienten zu begrüßen. Ob sie Rechtssicherheit für die privat versicherten Patienten bringen, bleibt abzuwarten. Denn trotz der eindeutigen Tendenz in der Rechtsprechung werden die gerichtlichen Entscheidungen von den entsprechenden privaten Krankenversicherungen als „Einzelfallentscheidungen“ nicht anerkannt und die Patienten in langwierige und kostenintensive Verfahren gezwungen. Die Verfügbarkeit von hochmodernen radioonkologischen Verfahren wird für diese schwerstkranken Patienten dann leider allzu oft eine Frage, der Wahl der richtigen Krankenversicherung sowie des Vorhandenseins einer Rechtsschutzversicherung.
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