Scheinselbständige Honorarärzte im Krankenhaus?

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Schon mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Reichweite des § 17 Abs. 3 KHEntgG vom 16.10.2014 (- III ZR 85/14 -) wurde das Ende der Honorararzttätigkeit im Krankenhaus behauptet. Für die Beschäftigung von niedergelassenen Vertragsärzten im Krankenhaus entstanden durch die Schaffung des § 299a StGB neue Probleme.

Diese änderten allerdings nichts daran, dass gerade für die Überbrückung von personellen Engpässen viele Krankenhäuser auf die vorübergebende Tätigkeit von ärztlichen Entlastungskräften angewiesen sind, die oft nur freiberuflich tätig sein wollen.

Dieses Beschäftigungsmodell von Honorarärzten wird angesichts der jüngsten Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte unter dem Stichwort der „Scheinselbstständigkeit“ zu einem erheblichen rechtlichen Risiko für die Krankenhäuser (vgl. etwa Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2017 – L 1 KR 101/14 –; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 16.05.2017 – L 1 KR 551/16 –; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 05.04.2017 – L 2 R 385/16 –; differenzierend Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23.05.2017 – L 11 R 771/15 –).

Ausgangspunkt der Prüfung, ob der Honorararzt im Krankenhaus im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige tätig wird, sind zunächst die für seine Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen und die gelebte „Vertragswirklichkeit“. Die kritische Rechtsprechung stellt für die Bejahung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung insbesondere auf die notwendige Eingliederung des Honorararztes in den Betrieb des Krankenhauses ab.

Nach den zitierten Urteilen ist mit der Tätigkeit eines Arztes im Krankenhaus bereits strukturell eine für ein Arbeitsverhältnis typische Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation verbunden. Die Krankenhausbehandlung umfasst gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung. Diese erfolgt in der Regel durch angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses. Der angestellte Arzt in Krankenhäusern ist nach Ansicht der Gerichte ein in Rechtstradition und allgemeiner gesellschaftlicher Anschauung durch eine hierarchische Struktur geprägter, typischer ärztlicher Beruf. Die hierarchische Struktur ist nicht nur traditionell gewachsen, sondern ist auch im Interesse der Volksgesundheit bedeutsam, wobei ein hohes Maß ärztlicher Eigenverantwortung auf Grund der Leitung durch einen ärztlichen Direktor, der fachlich vom Betreiber unabhängig ist, gewährleistet wird. Dieser ärztliche Leitungsvorbehalt ist maßgeblich für die Organisation und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Die Organisation der gesamten Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht sowie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen müssen ärztlich gesteuert werden. Dabei geht die zitierte Rechtsprechung davon aus, dass wen eine Person seine Leistung letztlich als Mitglied eines Teams erbringt, das eine Gesamtleistung erbringt, ist von einer Eingliederung in einer von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation des Krankenhauses auszugehen, was für sich genommenen bereits für eine abhängige Beschäftigung spricht. Entscheidend ist danach, dass eine Eingliederung in den Arbeitsprozess erfolgt.

Hinzukommt nach der zitierten Rechtsprechung, dass Honorarärzte kein rechtlich relevantes Unternehmerrisiko tragen. Nach den vom Bundessozialgericht entwickelten Grundsätzen (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2011 – B 12 R 17/09 R –) ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.

Bezogen auf die ausgeübte Tätigkeit von Honorarärzten im Krankennaus haben diese nach der zitierten Rechtsprechung kein unternehmerisches Risiko zu tragen. Als Gegenleistung für die von ihm erbrachten Tätigkeiten steht dem Honorararzt in der Regel nach Maßgabe der Honorararztverträge eine Stundenvergütung zu. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hat der Honorararzt wie jeder andere Beschäftigte auch allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen. Eine Gewinn- und Verlustbeteiligung, die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit sprechen könnte, sahen die vertraglichen Vereinbarungen bei Honorarärzten in der Regel dagegen nicht vor.

Auch sei ein relevanter Einsatz eigenen Kapitals ist bei Honorarärzten nicht erkennbar. Eigene Betriebsmittel werden in der Regel nicht eingesetzt. Über eine eigene Betriebsstätte verfügen Honorarärzte auch nicht. Die erforderlichen Arbeitsmittel werden ausschließlich vom Krankenhaus gestellt.

Diese Gesamtschau des typischen Erscheinungsbildes von Honorarärzten führt in der aktuellen Rechtsprechung dazu, dass in der Regel von einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung ausgegangen wird.

Die jüngsten Entscheidungen verdeutlichen eine aktuelle Tendenz der Rechtsprechung, der freiberuflichen Tätigkeit von Honorarärzten im Krankenhaus enge Grenzen zu stecken, so dass ernsthaft die Frage gestellt werden muss, ob eine freiberufliche Tätigkeit von Honorarärzten im Krankenhaus überhaupt möglich ist. Die engen Grenzen der Rechtsprechung machen eine genaue Planung des Einsatzes von Honorarärzten sowie eine sorgfältige Vertragsgestaltung erforderlich. Es verbleibt dennoch ein erhebliches rechtliches Risiko, wobei die personellen Probleme der Krankenhäuser ungelöst bleiben.

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