Unzulässige Berechnung von Verwaltungskosten für nicht-ärztliche Dialyseleistungen

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Aktuell sind mehrere Verfahren anhängig, in denen Leistungserbringer nicht-ärztlicher Dialyseleistungen sich gegen die Erhebung von Verwaltungskosten durch die jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) wehren. Anstoß der Auseinandersetzungen ist, dass die KV von den gemeinnützigen Organisationen in diesem Bereich Verwaltungskosten von 0,2 % des Honorars erhebt, währen nicht-gemeinnützige Leistungserbringer oft Verwaltungskosten von über 2 % zahlen.

Diese Praxis der KV hatte bereits das SG Saarland in einer Entscheidung vom 07.12.2022 (- S 2 KA 47/19 -) beanstandet. Auch in einer neuen Entscheidung des SG Stuttgart vom 19.12.2024 (- S 5 KA 4566/20 -) wird die derzeitige Praxis der KV als rechtswidrig beurteilt.

Nach Ansicht der Gerichte bildet insbesondere § 15 Abs. 3 Anlage 9.1 BMV-Ä bildet keine Rechtsgrundlage für die Festsetzung über 0,2 % hinausgehende Verwaltungskosten, wobei aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen auch gefragt werden könnte, ob überhaupt eine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Verwaltungskosten durch die KV besteht.

Gem. § 2 Abs. 7 Satz BMV-Ä  können die Vertragspartner Inhalt und Umfang der Versorgung von definierten Patientengruppen durch besondere Versorgungsaufträge festlegen.  Eine der bislang vereinbarten besonderen Versorgungsaufträge ist die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten in Anlage 9.1 zum BMV-Ä.

Nach § 3 Abs. 5 Anlage 9.1 BMV-Ä können Versorgungsaufträge zur nephrologischen Versorgung chronisch niereninsuffizienter dialysepflichtiger Patienten auch im Zusammenwirken zwischen Vertragsarzt und ermächtigter Einrichtung sowie Vertragsarzt und einem Vertragspartner nach § 126 Abs. 3 SGB V iVm. § 127 SGB V durchgeführt werden. Bezug genommen wird auf die Regelung des § 126 Abs. 3 SGB V, die für nicht-ärztliche Dialyseleistungen, die nicht in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden, die entsprechende Geltung der Regelungen über die Beziehung zu den Leistungserbringern von Hilfsmitteln anordnet. Sachlich bezieht sich die Regelung in § 126 Abs. 3 SGB V auf die im Rahmen einer Dialysebehandlung anfallenden Sach- und Dienstleistungen, soweit es sich nicht um dem Arzt vorbehaltene Tätigkeiten handelt. Diese Regelung findet vorliegend Anwendbarkeit, weil diese ergänzenden Leistungen von der Klägerin und nicht von einem Arzt selbst erbracht wurden. Die Zusammenarbeit zwischen Arzt und nicht-ärztlichem Vertragspartner bei der Dialyse ist geregelt in § 15 BMV-Ä Anlage 9.1. § 15 Abs. 1 Anlage 9.1 BMV-Ä regelt die Voraussetzungen des Zusammenwirkens zwischen Vertragsärzten und nicht-ärztlichen Leistungserbringern iSd. § 126 Abs. 3 SGB V. Letztere haben nach § 15 Abs. 1 d) Anlage 9.1 BMV-Ä die Erfüllung der Anforderungen zur Organisation – soweit von ihnen zu verantworten – und zur apparativen Ausstattung gegenüber den zuständigen Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene nachzuweisen, welche den Versorgungsvertrag nach § 127 Abs. 1 SGB V abgeschlossen haben. Die Verbände der Krankenkassen auf Landesebene ihrerseits teilen der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung mit, dass die Einrichtung die Qualitätssicherungsvoraussetzungen erfüllt.

Aus diesen Regelungen folgt, dass entsprechend der Regelung des § 126 Abs. 3 SGB V Vertragsbeziehungen der nicht-ärztlichen Leistungserbringer zu den Krankenkassenverbänden bestehen, nicht jedoch zu den Kassenärztlichen Vereinigungen. Dies wird auch durch § 15 Abs. 2 Anlage 9.1 BMV-Ä bestätigt. Danach wird die Höhe der Kosten für nicht-ärztliche Leistungen der Dialyse durch Vertragspartner, die nach § 126 Abs. 3 SGB V iVm. § 127 SGB V durch alle zuständigen Verbände der Krankenkassen auf Landesebene genannt sind, zwischen den Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene und dem Vertragspartner vereinbart.

§ 15 Abs. 3 Anlage 9.1 BMV-Ä trifft Regelungen betreffend die Abrechnung der Leistungen. Die Frage, ob und in welcher Höhe die Beklagte für die Abrechnung Verwaltungskosten erheben kann, ist in § 15 Abs. 3 Satz 2 Anlage 9.1. BMV-Ä nicht geregelt. Insbesondere kann nach Ansicht der Gerichte aus dieser Regelung nicht geschlossen werden, dass im Falle einer Abrechnung durch die KV diese berechtigt ist, von den nicht-ärztlichen Leistungserbringern die in ihrer Satzung mit Wirkung für ihre Mitglieder festgesetzten allgemeinen Verwaltungskosten zu erheben.

Weiterhin bildet auch § 15 Abs. 3 Satz 3 Anlage 9.1 BMV-Ä keine Grundlage für die Erhebung der allgemeinen Verwaltungskostenpauschale durch die KV. Diese Regelung beinhaltet eine ausdrückliche Sonderregelung für die Durchführung und Prüfung der gesamten Abrechnung der nicht-ärztlichen Dialyseeinrichtungen in gemeinnütziger Trägerschaft. Für diese werden die Verwaltungskosten ausdrücklich iHv. 0,2 % des Rechnungsbetrages bestimmt, sofern die Partner der Gesamtverträge hierzu keine andere Regelung treffen. § 15 Abs. 3 Satz 4 Anlage 9.1 BMV-Ä überträgt diesen Verwaltungskostensatz auf die nicht-ärztlichen Dialyseleistungen, die von ärztlich geleiteten gemeinnützigen Einrichtungen erbracht werden. Die vorliegende Konstellation der Erhebung und Höhe von Verwaltungskosten für die Abrechnung der durch einen Vertragspartner nach § 126 Abs. 3 SGB V erbrachten nicht-ärztlichen Dialyseleistungen wird weder in § 15 Abs. 3 Anlage 9.1 BMV-Ä noch in §§ 42 ff. BMV-Ä geregelt.

Vielmehr folgt nach Ansicht der Gerichte aus dem Regelungsgeflecht für nicht-ärztlichen Leistungserbringer, dass es Sache der Vertragspartner ist, die Erhebung und Höhe der Verwaltungskosten zu regeln. § 126 Abs. 3 SGB V verweist ausdrücklich auf die Regelungen über die Beziehung zu den Leistungserbringern von Hilfsmitteln (§§ 126 – 128 SGB V). § 127 Abs. 1 Satz 1 SGB V gibt den Vertragspartnern die Befugnis, u.a. die Preise und die Abrechnung zu regeln. Auch § 15 Abs. 2 Anlage 9.1 BMV-Ä gibt den Vertragspartnern auf Landesebene die Aufgabe, die Höhe der Kosten für nicht-ärztliche Leistungen der Dialyse zu vereinbaren. § 15 Abs. 3 Satz 2 und 3 Anlage 9.1 BMV-Ä setzt eine Regelungsbefugnis der Partner der Gesamtverträge voraus. Die Vertragspartner haben mithin hinreichende rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, Erhebung und Höhe einer Verwaltungspauschale als Gegenleistung für die Abrechnung durch die KV zu regeln was sie aber nicht getan haben.

Die zutreffenden und zu begrüßenden Entscheidungen betreffen einen komplexen Sachverhalt, der aber für die Praxis der wirtschaftlich nach wie vor für viele Akteure interessanten Dialyseversorgung von erheblicher praktischer Bedeutung ist. Die Entscheidungen dokumentieren dabei auch, dass in Bereich der Dialyseversorgung die Regulierung durch die Vertragspartner nach wie vor an erheblichen Defiziten leidet, die im krassen Widerspruch zu der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Leistungserbringung im Bereich der Dialyseversorgung stehen. rechtlich ist der Sachverhalt eigentlich einfach gelagert, denn es fehlt des KV schlicht an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung von Verwaltungskosten gegenüber den nicht-ärztlichen Leistungserbringern, Umso abwegiger erscheint die Praxis der eklatanten Ungleichbehandlung der unterschiedlichen Leistungserbringer bei der Höhe der Verwaltungskosten in Abhängigkeit vom Status ihrer Gemeinnützigkeit.

 

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