Wahlleistungsvereinbarung im Rahmen der Notfallbehandlung

0

Ärztliche Wahlleistungen sind nach § 17 Abs 1 KHEntgG mit dem Patienten vor Leistungserbringung schriftlich zu vereinbaren. Der Abschluss einer solchen Wahlleistungsvereinbarung ist regelmäßig bei privatversicherten Patienten im Rahmen einer Notfallbehandlung nicht möglich. In der Praxis wird die Wahlleistungsvereinbarung daher oft von vollmachtlosen Mitarbeitern des Krankenhauses unterzeichnet, die der Patient dann nachträglich nach entsprechender Aufklärung genehmigt.

Die Kostenträger halten dieses Vorgehen insbesondere dann für unzulässig, wenn zusätzlich aufgrund der Abwesenheit des Wahlarztes durch den vollmachtlosen Vertreter zusätzlich eine individuelle Vertretervereinbarung unterzeichnet wird und der Patient auch über die Vertretung im Nachhinein aufgeklärt wird. Die Rechtsprechung des BGH sieht für entsprechende Vereinbarungen über die Vertretung des Wahlarztes allerdings gerade eine Pflicht zur frühzeitigen Information des Patienten über die Vertretung vor (Vgl. dazu BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –).

Das Landgericht Bielefeld hat in einer Entscheidung vom 14.06.2019  (- 4 O 21/18 -) das Vorgehen der Krankenhäuser über eine vollmachtlose Vertretung und die nachträgliche Genehmigung durch den Patienten gebilligt.

Nach der Auffassung des Gerichts ist es unschädlich, dass die Aufklärung des Patienten erst nach der Operation erfolgt ist. Die Genehmigung des Vertrages nach § 184 Abs.1 BGB wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts  zurück. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 17 Abs.2 Satz1 KHEntgG. Insbesondere steht der Schutzzweck der Vorschrift nicht entgegen. Zwar ist es zutreffend, dass insofern eine Unterrichtung des Patienten vor Abschluss der Vereinbarung vorgesehen ist, allerdings muss diese Regelung im Interesse beider Parteien zumindest in Notfallsituationen dispositiv dahingehend verstanden werden, dass auch eine Genehmigung vorheriger vollmachtloser Vereinbarungen erfolgen kann. Schließlich würde dem Patienten bei Einhaltung der Aufklärungs- und Informationspflichten kein Nachteil durch die Stellvertretervereinbarung entsteht. Dem Schutz vor übereilten Vertragsschlüssen wird durch die erhöhten Anforderungen an die inhaltliche Aufklärung genügt. In Anbetracht der höchstrichterlich anerkannten Zulässigkeit von Stellvertretervereinbarungen muss dies konsequenterweise auch für die Genehmigungsfähigkeit solcher Vereinbarungen gelten, die aufgrund des Zeitdrucks des Eingriffs beziehungsweise des akut verschlechterten Zustandes des Patienten unter Zuhilfenahme eines vollmachtlosen Vertreters erfolgt sind. Insbesondere sind insofern keine entgegenstehenden schutzwürdigen Patienteninteressen ersichtlich. In Anbetracht des Patienteninteresses an der bestmöglichen Versorgung besteht zumindest ein hypothetisches Interesse des Patienten. In Anbetracht dessen, dass die Operationsleistung bereits erbracht wurde, ist auch kein Nachteil für den Patienten aufgrund dieses Vorgehens ersichtlich.

Dabei müsse aber gewährleistet werden, dass der Vertreter nicht auf jeden Fall die Behandlung des Patienten durchgeführt habe, weil auch hier gelte, dass das Honorar für die wahlärztlichen Leistungen für eine über den normalen Facharztstandard hinausgehende ärztliche Betreuung geschuldet sei, so dass auch eine besondere Qualifikation des Vertreters erforderlich ist.

Der Entscheidung ist im Ergebnis zu zustimmen, auch wenn die nachträgliche Erfüllung der Aufklärungs- und Hinweispflichten letztlich eine Hilfskonstruktion bleibt. Überzeugen muss letztlich der Hinweis auf die Interessenlage des Patienten, der für die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen eine gesonderte Versicherung unterhält und es letztlich absurd wäre, wenn er seinen Anspruch auf die persönliche Behandlung eines besonders qualifizierten Arztes gerade in schwerwiegenden Situationen einer Notfallbehandlung aus rein formalen Gründen nicht realisieren könnte. Dies mag im Interesse der Kostenträger sein, im Interesse des Patienten ist dies sicherlich nicht.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de

Ihre Meinung dazu?

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.
Ihre E-Mailadresse wird weder veröffentlicht, noch an Dritte weitergegeben.

* *

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden .