Das Aufrechnungsverbot ab dem 01.01.2022

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Trotz der grundlegenden Entscheidungen des BSG zur wirksamen Zulassung der unbeschränkten Aufrechnungsmöglichkeiten durch die Übergangs-PrüfVV ab dem 01.01.2020 nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V besteht auch für die vergangenen Zeiträume noch Klärungsbedarf. Insbesondere ist nach der neuen PrüfVV 2022 eine unbeschränkte Aufrechnungsmöglichkeit für die Krankenkassen nicht mehr vorgesehen, so dass sich die Frage stellt, ob eine Krankenkassen mit Rückforderungsansprüchen aus Behandlungsfällen aus dem Jahr 2020 bzw. 2022 noch die Aufrechnung mit Gegenforderungen aus dem Jahr 2022 erklären kann.

Das SG Düsseldorf hat eine solche Aufrechnungsmöglichkeit in einer Entscheidung vom 30.10.2025 (- S 15 KR 2484/23 KH -) verneint.

Das Gericht geht davon aus, dass nach dem 01.01.2022 eine unbegrenzte Aufrechnungsmöglichkeit der Krankenkassen dem Verbot des § 109 Abs. 6 SGB V nicht mehr zu vereinbaren ist. Ein rückwirkende Aufrechnung mit Ansprüchen aus dem Jahr 2020 und 2021 seit ab dem 01.01.2022 nicht mehr möglich, denn dies würde dem ausdrücklichen Wortlaut des § 109 Abs. 6 SGB V widersprechen. Denn dieser stellt nach Ansicht des Gerichts als zeitlichen Bezugspunkt ausdrücklich auf die unstreitigen Vergütungsansprüche ab, mit denen dann erst eine Aufrechnungslage entsteht. Auch in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/13397, Seite 54) wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass der Ausschluss der Aufrechnung nur für Forderungen gilt, die nach dem Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung entstanden sind. Damit sollte verhindert werden, dass die Krankenkassen bis zum Inkrafttreten des Aufrechnungsverbots noch umfassend Aufrechnungen erklären können und damit die Liquidität der Krankenhäuser gefährden. Es kommt daher in zeitlicher Perspektive maßgeblich auf die Entstehung der unstreitigen Forderung an.

Dies entspricht nach der Ansicht des SG Düsseldorfs auch dem Sinn und Zweck des § 109 Abs. 6 SGB V, der im Zusammenhang mit den Regelungen des Verbotes der nachträglichen Korrektur von Krankenhausrechnungen nach  § 17c Abs. 2a KHG gesehen werden muss und daher von einem zeitlichen Gleichlauf des Verbotes der Aufrechnung und der Rechnungskorrektur auszugehen sei.

Auch ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und dem vielzitierten gebot der Rücksichtnahme würde nicht vorliegen, selbst wenn das Krankenhaus in der Vergangenheit die Aufrechnungen noch akzeptiert hat. Insoweit führt das Gericht aus, dass das rechtswidrige Handeln der Krankenkassen durch die einseitige Akzeptanz des Krankenhauses nicht rechtmäßig würde, insbesondere wenn die Krankenkasse seit dem 01.01.2022 vom Verbot der nachträglichen Rechnungskorrektur nachhaltig Gebrauch mache.

Auch die Übergangsregelungen nach § 14 PrüfVV 2022 helfen der Krankenkasse nach Meinung der Richter nicht weiter, denn diese beziehen sich nur auf die Durchführung des Prüfverfahrens und nicht die Durchsetzung der behaupteten Forderung.

Die Entscheidung ist zu begrüßen und insbesondere hinsichtlich der Hinweise auf den Zusammenhang zwischen dem Verbot der Rechnungskorrektur und dem Verbot der  Aufrechnung überzeugend. Denn es ist schon erstaunlich, wie die Krankenkassen bei eindeutigen rechtswidrigen Handeln einseitig das Gebot der gegenseitige Rücksichtnahme betonen und gerade in den Verfahren um die nachträgliche Korrektur von offensichtlichen Fehlern der Abrechnung davon nichts hören wollen.

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