Anforderungen an die abschließende Entscheidung im Prüfverfahren

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Aktuell beschäftigen sich mehrere Gerichte mit der Frage, welche formalen Voraussetzungen an die Mitteilung der abschließenden Entscheidung über das Ergebnis des Prüfverfahrens nach § 8 PrüfvV (2016) zu stellen sind.

Eine aktuelle Entscheidung des Sozialgerichts Duisburg vom 12.09.2022 (– S 17 KR 2145/21 KH –) stellt dabei strenge Anforderungen an den Inhalt der abschließenden Mitteilung, was auf Seiten der Krankenkassen zu einem Verlust etwaiger Erstattungsansprüche führen kann.

Nach § 8 Satz 1 PrüfvV hat die Krankenkasse ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind gemäß § 8 Satz 2 PrüfvV dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen. Dies hat nach § 8 Satz 3 PrüfvV innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige zu erfolgen. Hierbei handelt es sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 8 Satz 4 PrüfvV um eine Ausschlussfrist.

Im entschiedenen Fall hatte die Krankenkasse das Prüfergebnis per elektronischem Datenträgeraustausch mitgeteilt und hinsichtlich der wesentlichen Gründe der Entscheidung auf das Gutachten des MDK verwiesen. Der Erstattungsanspruch wurde dabei zwar geltend gemacht, aber nicht beziffert.

Nach dem SG Duisburg reicht es zunächst aus, dass die Krankenkasse hinsichtlich der Gründe für die Unkorrektheit der Abrechnung auf das vom MD übersandte Gutachten verweist. Dies reicht für die Darlegung der wesentlichen Gründe im Sinne von § 8 Satz 2 PrüfvV aus. § 8 Satz 2 PrüfvV ist nach Ansicht des Gerichts nicht zu entnehmen, dass die Krankenkassen zur Spezifizierung der wesentlichen Gründe nicht auf ein dem Krankenhaus vorliegendes MD-Gutachten verweisen kann. Der Wortlaut von § 8 Satz 2 PrüfvV sieht lediglich vor, dass dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe dazulegen sind, wenn eine Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war. Eine Vorgabe, dass die wesentlichen Gründe in der abschließenden Leistungsmitteilung nach § 8 PrüfvV selbst aufgeführt sein müssen, konnte das Gericht dem Wortlaut von § 8 PrüfvV nicht entnehmen.

Allerdings hat die Krankenkasse den konkreten Erstattungsanspruch allenfalls im gerichtlichen Verfahren erstmals beziffert. Es erfolgte zuvor weder im Rahmen der leistungsrechtlichen Entscheidung noch in weiteren Unterlagen eine Benennung des konkreten Erstattungsanspruchs. Soweit dem Zahlungsavis über die Verrechnung ein konkreter Betrag zu entnehmen ist, handelt es sich nach Ansicht des Gerichts nicht um eine Mitteilung des Erstattungsanspruchs, sondern um eine Einzelposition in einer zahlreiche Positionen umfassenden Buchungsübersicht und damit allenfalls um eine Aufrechnungserklärung nach § 388 BGB.

Die Krankenkasse wählte in der abschließenden Leistungsentscheidung nur die Formulierung „unseren Erstattungsanspruch“ ohne die konkrete Höhe zu benennen.

Dies ist aber nach Ansicht der Richter nicht ausreichend. Dies gilt nach Auffassung des Gerichts auch in den Fällen, in denen in der in jedem MD-Gutachten enthaltenen Übersicht der Groupingergebnisse ein Vergütungsvergleich zwischen der Abrechnung des MDK und der Abrechnung des Krankenhauses zu entnehmen ist, weil die krankenhausindividuellen Zu- und Abschläge in der Übersicht nicht enthalten sind. Selbst für den vorliegenden Fall, in welchem sich der Erstattungsanspruch aufgrund des vollständigen Entfallens des Vergütungsanspruchs für die Klägerin ohne weiteres erschließen konnte, ist davon auszugehen, dass es einer Mitteilung des konkreten Erstattungsanspruchs bedarf.

Bereits dem Wortlaut des § 8 Satz 1 PrüfvV lässt sich entnehmen, dass die Krankenkassen den konkreten Erstattungsanspruch mitteilen müssen. Soweit die Krankenkasse meint, dass es ausreichend sein müsse, wenn ein Krankenhaus durch die konkrete Nennung der Ergebnisse der Rechnungsprüfung in der Leistungsentscheidung in die Lage versetzt wird, die Realisierung des Erstattungsanspruchs vorzunehmen, ist das Gericht dieser Rechtsansicht nicht gefolgt. Den Krankenhäusern ist zwar auch ohne die ausdrückliche Nennung des Erstattungsbetrages eine Berechnung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs möglich, weil für die Berechnung bereits die wesentlichen Gründe  für die Inkorrektheit der Abrechnung ausreichend sind. Gleichwohl haben die Vertragsparteien der PrüfvV in § 8 Satz 1 PrüfvV ausdrücklich aufgenommen, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus den Erstattungsbetrag mitzuteilen hat. Die in § 8 Satz 1 PrüfvV enthaltene Pflicht der Krankenkassen zur Mitteilung des Erstattungsanspruchs würde leer laufen, wenn bereits die Mitteilung der wesentlichen Gründe zur Berechnung des Erstattungsanspruchs als ausreichend erachtet wird. Dem Wortlaut von § 8 Satz 1 und 2 PrüfvV ist zu entnehmen, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus den Erstattungsbetrag mitzuteilen und die wesentlichen Gründe für eine für eine unwirtschaftliche bzw. inkorrekte Abrechnung darzulegen hat. Beide Mitteilungspflichten stehen nicht in einem Kumulativ- und nicht in einem Alternativverhältnis.

Die durch das Gericht angenommenen gesteigerten formalen Anforderungen an die abschließende Leistungsentscheidung lassen sich auch mit den mit § 8 PrüfvV verfolgten Zielen, das Prüfverfahren einvernehmlich zu beschleunigen, bundesweit zu vereinheitlichen und damit insbesondere ein konsensorientiertes, formalisiertes Verfahren zur effizienten Zusammenarbeit von Krankenkassen und Krankenhäusern zu schaffen und damit auch der Vermeidung von Klageverfahren zu dienen, in Übereinstimmung bringen.

Die Entscheidung ist inhaltlich zu begrüßen und verschafft dem Wortlaut des § 8 PrüfvV Geltung. Die gerade von Seite der Krankenkasse immer wieder betonte Wortlautauslegung der PrüfvV wirkt auch zugunsten der Krankenhäusern, wenn die Krankenkassen ihren Mitteilungspflichten nicht nachkommen.

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