Anwendung der arzthaftungsrechtlichen Grundsätze auf die Amtshaftung

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Das Kammergericht Berlin hatte am 19.5.2016 über eine Berufung zu entscheiden, bei der es um die fehlerhafte Behandlung eines Patienten durch Rettungssanitäter ging. Dem Gericht stellte sich die Frage, ob die zur Arzthaftung entwickelten Beweislastregeln auch im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs angewendet werden können.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Kläger in den frühen Morgenstunden den Rettungsdienst alarmiert, weil er unter erhebliche Atembeschwerden und Schmerzen im Brustbereich litt. Der Kläger wurde sodann von zwei Rettungsassistenten aufgesucht. Diese stellten die Pulsfrequenz, den Blutdruck und die Sauerstoffsättigung des Klägers fest. Sodann verwiesen Sie den Kläger an seinen Hausarzt und ließen ihn zuhause zurück. Der Kläger suchte dann auch einige Stunden später seinen Hausarzt auf, der ihn unverzüglich ins Krankenhaus einliefern ließ. Dort wurde diagnostiziert, dass der Kläger einen Herzinfarkt erlitten hatte. Im Folgenden erlitt der Kläger noch einen Schlaganfall unter der Herzkathederuntersuchung.

Der Kläger obsiegte in erster Instanz in großen Teilen. Das erstinstanzlich befasste Gericht führte im Wesentlichen aus, dass die vom Kläger geschilderten Symptome dazu hätten führen müssen, dass ein Notarzt hinzugerufen wird. Dies gilt insbesondere, weil Rettungsassistenten eine entsprechende Sachkunde zum Ausschluss eines Herzinfarktes nicht aufweisen.

Die Beklagten wendeten sich gegen dieses Urteil mit der Berufung, die das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 19.5.2016 (AZ.: 20 O 192/15) zurückgewiesen hat

Das Gericht führt anschaulich aus, dass die Rettungsassistenten in dem vorliegenden Fall ihre Kompetenzen weit überschritten haben. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das erkennende Gericht fest, dass vorliegend zwingend ein Notarzt hätte hinzugezogen werden müssen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Indikationskatalog der Bundesärztekammer für den Notarzteinsatz, der bei Patienten mit akuten Brustschmerzen stets die Alarmierung eines Notarztes vorsieht.

Sehr ausführlich befasst sich das Gericht mit der Frage, inwieweit die für Arzthaftungsrecht entwickelten Grundsätze auf Fälle der Amtshaftung übertragbar sind. Eine unmittelbare Anwendung bei einer Fallgestaltung wie der Vorliegenden halten beide Instanzen für ausgeschlossen.

An dieser Stelle führt das Gericht aber aus, dass es für den betroffenen Patienten nicht darauf ankomme, ob der im individuellen Fall behandelnde Arzt auf der Grundlage hoheitlichen Handelns (wie zum Beispiel im Rettungsdienst) oder auf der Grundlage eines Behandlungsvertrages tätig wird. Ferner ist es für die betroffenen Patienten auch irrelevant, ob hier ein Notarzt oder ein Reizungsassistent tätig geworden ist. Allein der Umstand, dass es sich nicht um Ärzte im eigentlichen Sinne handelt, kann der Annahme der Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten nicht entgegenstehen. Entscheidend sei hier vielmehr, so das Gericht weiter, dass es sich um ein medizinisches Vorgehen handelt.

Demzufolge war die Pflichtverletzung der Rettungsassistenten wertungsmäßig einem groben Behandlungsfehler im Sinne des Arzthaftungsrechts gleichzustellen.

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