Aufklärung über Behandlungsalternativen

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Die Aufklärungsverpflichtung des Arztes umfasst immer auch die Aufklärung über Behandlungsalternativen, denn der Patient soll in die Lage versetzt werden, selbständig zu entscheiden, welche Behandlung er unter Berücksichtigung verschiedener Risiken und Nutzen bevorzugt.

In der Rechtsprechung wird die Aufklärungspflicht des Arztes über die Behandlungsalternativen aber teilweise verneint, wenn für den Patienten keine „echte“ Behandlungsalternative zur Verfügung steht, was dann von der medizinischen Bewertung abhängt, ob die Behandlungsalternative mit vergleichbaren Chancen und Risiken verbunden ist (OLG Dresden, Beschluss vom 10.08.2020 – 4 U 905/20 –). Diese Beschränkung der Aufklärungspflicht des Patienten durch eine medizinische „Vorbewertung des Sinnvollen“ ist durchaus problematisch und wird erfreulicherweise in einer aktuellen Entscheidung des OLG Köln vom 28.042021 (– 5 U 151/18 –) auch kritisch gesehen.

Streitgegenständlich war eine Handoperation bei der eine Fingergrundgelenkprothese durchgeführt worden ist, die aber nicht zu einer Schmerzfreiheit des Patienten führte. Über die Möglichkeit einer Arthrodese war nicht aufgeklärt worden, weil diese nach Ansicht des Operateurs keine gleichwertige Behandlungsalternative darstellte, was der gerichtliche Sachverständige bestätigte, so dass folgerichtig, dass erstinstanzliche Gericht einen Aufklärungsfehler bzgl. der Behandlungsalternativen verneinte.

Dies sah das OLG Köln anders und betonte, dass die Auffassungen des behandelnden Arztes und des Operateurs, dass Implantation einer Fingergrundgelenksprothese und Arthrodese keine gleichwertigen Verfahren darstellen, auf einer medizinischen Sichtweise beruhten, die ganz wesentlich auf das funktionelle Ergebnis der Operationsverfahren abstellte. Für sie als Handchirurgen ist entscheidend, für den Patienten das höchste Maß an Beweglichkeit und Funktionalität des Fingers im Bereich des medizinisch Machbaren zu erreichen. Für einen Patienten können jedoch neben dem Erhalt der Beweglichkeit des zu operierenden Fingers auch andere Umstände maßgebend sein. Eine möglichst schnelle und dauerhafte Schmerzfreiheit und ein möglichst geringes Revisionsrisiko können für einen Patienten wichtiger sein, als der Erhalt der Beweglichkeit und Funktionalität seines Fingers. Ob dies bei dem betreffenden Patienten der Fall ist, muss im vertraulichen Arzt-Patienten-Gespräch erörtert und geklärt werden. Der Arzt muss durch Befragung ermitteln, welche mit den verschiedenen Operationsverfahren verbundenen Vor- und Nachteile für den Patienten von Bedeutung sind und dann auch über die Behandlungsalternativen aufklären, die für die Behandlungsziele des Patienten zur Wahl stehen.

Die Entscheidung ist zu begrüßen und betont richtigerweise den Kern des Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Dieses ist gerade nicht von den medizinischen Bewertungen eines sinnvollen Vorgehens abhängig, so dass auch die Frage der „echten“ Behandlungsalternativen nicht davon abhängig gemacht werden kann, was die medizinische Wissenschaft als sinnvolle Ziele definiert.

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