Behandlungsfehler durch Behandlungsverweigerung?!

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Immer wieder bereiten Situationen Ärzten haftungsrechtliche Probleme, in denen Patienten die Durchführung einer angeratenen Behandlung verweigern. Eine solche Behandlungsverweigerung schließt aber nicht immer einen Behandlungsfehler aus.

Grundsätzlich gilt zwar, dass ein Behandlungsfehler zu verneinen ist, wenn der Patient die medizinisch gebotenen Maßnahmen abgelehnt hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 25.07.2017 – VI ZR 103/17 –). Dies setzt allerdings voraus, dass der Patient über die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Maßnahme im Rahmen der Sicherungsaufklärung vollständig und widerspruchsfrei informiert worden ist und er die Informationen auch verstanden hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 16.06.2009 – VI ZR 157/08 –). Nur die informierte Behandlungsverweigerung führt daher zu einer Haftungsbefreiung.

Dass dies im Einzelfall durchaus problematisch sein kann, zeigt ein aktueller Beschluss des BGH vom 15.05.2018 (– VI ZR 287/17 –), mit welchem der BGH einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO stattgegeben hat und das Verfahren an das OLG zurückwies.

Streitgegenständlich war der vom Kläger gerügte Behandlungsfehler der Durchführung einer konservativen Behandlung anstelle einer offenen Operation zur Versorgung einer Fraktur. Eine solche operative Versorgung war zwar vom Assistenzarzt empfohlen und terminiert worden, jedoch von der Mutter des damals 10-jährigen Klägers abgesagt worden, weil nach Angaben des Klägers kurz vor dem Operationstermin der Chefarzt der Klinik, der Mutter zu Durchführung einer konservativen Behandlung geraten hatte.

Das OLG hielt dies nicht für relevant, weil es seiner Ansicht nach, nicht Sache des behandelnden Arztes sei, die „interne Motivation“ der Mutter des Klägers für die Behandlungsverweigerung zu erforschen.

Diese Ansicht teilte der BGH nicht. Machen der Chefarzt einerseits und der Assistenzarzt andererseits dem Patienten gegenüber widersprechende Angaben über die medizinisch gebotenen Maßnahmen, so kann nach dem BGH ein in der Wahl der vom Chefarzt vorgeschlagenen Behandlungsweise liegender Behandlungsfehler nicht unter Hinweis darauf verneint werden, der Patient habe die vom Assistenzarzt zutreffend angeratene Maßnahme abgelehnt.

Dieser Ansicht des BGH ist beizupflichten. Dies folgt schon aus dem naheliegenden Umstand, dass der Patient in der Regel auf die in Regel höhere fachliche Kompetenz und Erfahrung des zuständigen Chefarztes vertrauen wird. Es dürfte dann auch nicht ausreichen, dass der aufklärende Arzt die Behandlungsverweigerung schlicht akzeptiert, sondern deren Motivation und Gründe hinterfragt, um mögliche Aufklärungsdefizite überhaupt zu bemerken. Allein die Behandlungsverweigerung des Patienten führt daher nicht zu einem „haftungsrechtlichen Freibrief“.

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