Hilft das Verbot der Aufrechnung weiter?

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Der vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Entwurf eines MDK-Reformgesetzes wird noch für viele Diskussionen sorgen. Für die Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern ist ein zentrales Anliegen des Entwurfes, ein Verbot der Aufrechnung für die Krankenkassen einzuführen. Ob dies den Krankenhäusern weiterhelfen wird, ist aber zweifelhaft.

Der Entwurf weist ausdrücklich daraufhin, dass die umfassenden Aufrechnungen zu erheblichen Liquiditätsengpässen für Krankenhäuser führen können, wie die flächendeckend erklärten Aufrechnungen anlässlich der Urteile des Bundessozialgerichts zur Abrechnung von Schlaganfallbehandlungen und zur Abrechnung der geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung gezeigt haben. Mit der Erklärung der Aufrechnung haben Krankenkassen die Möglichkeit, ihre Forderungen sofort zu befriedigen, weil gleichzeitig die Forderung des Krankenhauses auf die Vergütung unstrittiger Behandlungsfälle erlischt. Das Prozessrisiko tragen damit die Krankenhäuser, die ihre Vergütungsansprüche nur im Wege der Klage durchsetzen können. Vor diesem Hintergrund soll nach dem vorliegenden Entwurf eine Aufrechnung mit Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser grundsätzlich unzulässig (vgl. § 109 SGB V iE). Der Entwurf geht dabei davon aus, dass dadurch Klagen über die Zulässigkeit der Aufrechnung zukünftig entfallen. Der Entwurf weist daraufhin, dass sofern Krankenkassen in der Zukunft verstärkt den Klageweg beschreiten sollten, um ihre Forderungen durchzusetzen, die Zahl streitiger Abrechnungsfälle durch die Umkehr des Prozessrisikos für sich allein nicht spürbar vergrößert werden dürfte.

All dies ist richtig und ausdrücklich zu begrüßen. Der vorliegende Entwurf schweigt aber zu der entscheidenen Frage der Fälligkeit der Vergütung und der Pflicht der Krankenkassen zur vollständigen Begleichung der Krankenhausrechnungen auch wenn ein Prüfungsverfahren eingeleitet wird. Durch das Verbot der Aufrechnung werden die Krankenkassen voraussichtlich dazu übergehen, bei Beanstandungen der Abrechnung nur noch den unstrittigen Teil der Rechnung zu zahlen, was insbesondere bei den AOKen und der Knappschaft-Bahn-See bereits ständige Praxis ist. Auch wenn für diese Praxis der Krankenkassen keine Rechtsgrundlage zu erkennen ist, werden sich mit dem Aufrechnungsverbot auch die anderen Krankenkassen dieser Praxis anschließen, womit das auch vom Bundesministerium für Gesundheit beschriebene Problem der Liquiditätsengpässe sowie des Prozessrisikos im Ergebnis nicht gelöst wird. Die mit dem Verbot der Aufrechnung verbundenen Erwartungen dürften so enttäuscht werden.

Insofern wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber die umstrittene Frage der Rechnungskürzung durch die Krankenhäuser auch gelöst hätte. Die im MDK-Reformgesetz vorgesehen Teillösung wird den Krankenhäuser nur bedingt weiterhelfen.

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Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Dr. Jacqueline Voges am

    Die Forderung, daß die vollständige Zahlungspflicht der Krankenkasse nach Erstellung der Schlußrechnung des Krankenhauses explizit Eingang in das MDK-Reformgesetz finden muß, wurde u.a. DKG-seitig in die Diskussion des Referentenentwurfs eingebracht.
    Meines Erachtens ist die vollständige Zahlungspflicht derzeit auch schon in den §§ 8 und 10 der noch gültigen PrüfvV festgeschrieben, denn dort ist von einem „Erstattungsanspruch“ der Kassen nach für diese positiven MDK-Prüfungen die Rede.
    Setzt ein Erstattungsanspruch aber nicht voraus, daß vorher eine vollständige Zahlung erfolgt sein muß?
    Gleichwohl werden klinikseitig derartige Verstöße gegen die PrüfvV nicht zur gerichtlichen Überprüfung gebracht, da auch hier wieder jeder Einzelfall beklagt werden müßte.
    Womit wir wieder bei meiner Forderung nach einer „Musterfeststellungsklage“ im Sozialrecht wären…

    Beste Grüße Dr. Jacqueline Voges

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrter Frau Dr. Voges,

    vielen Dank für den Kommentar.
    Die vollständige vorläufige Zahlungsüflicht der Krankenkasse entspricht auch nach meiner Ansicht der aktuellen Rechtslage, was aber insbesondere die Knappschaft-Bahn-See und die AOKen ganz anders sehen. Die Rechtsprechung des BSG zu dieser FRage ist leider nicht eindeutig. Ich teile Ihre Ansicht, dass die einzelnen Klagen nach Fälligkeit der Rechnung wenig zielführend sind. Allerdings dürfte meiner Meingung nach die Feststellungsklage mit der Klärung der Rechtsfahre, ob die Rechnungskürzungen mit Einleitung des Prüfverfahrens zulässig sind, möglich sein. Es müsste sich nur jemand finden, der diese Klage auch führen will.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Wölk

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