Keine Verpflichtung des MD zur Einhaltung von Fristen der PrüfvV

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Während alle Beteiligten auf die Neugestaltung des Prüfverfahren für die Abrechnung stationäre Behandlungen nach § 17c Abs. 2 KHG warten, kämpfen die Gerichte noch mit den Problemen der Anwendung der aktuellen Prüverfahrensvereinbarung (PrüfvV). Dabei betreffen die Bedeutung der in der PrüfvV vorgesehenen Fristen nicht nur das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern, sondern auch das Verhältnis zwischen Krankenkassen und medizinischen Dienst (MD).

In einer aktuellen Entscheidung des Sozialgerichts München vom 16.01.2020 (- S 59 KR 3754/19 ER -) in einem Eilverfahren wurde festgestellt, dass aller Wahrscheinlichkeit nach, kein Anspruch der Krankenkasse gegen den MD besteht, eine gutachtlicher Stellungnahme innerhalb einer Frist von 10 Monaten vorzulegen.

Hintergrund der Auseinandersetzung war die bekannte Problematik, dass eine Vielzahl von Krankenkassen noch im Jahr 2019 massenweise Prüfverfahren eingeleitet hatten und der MD mit der Anzahl der Prüfverfahren schlicht überfordert war. Der MD hatte im vorliegenden Verfahren die Krankenkasse darauf hingewiesen, dass aufgrund der wachsenden  Anzahl von Prüfverfahren seine Kapazitätsgrenzen erreicht seien und daher eine Begutachtung aller Prüffälle im Rahmen der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV nicht sichergestellt sei. Aufgrund des Erreichen der Kapazitätsgrenzen hatte der MD die Krankenkasse daher um Priorisierung der Prüfaufträge gebeten, was die Krankenkassen aber mit Hinweis auf den gesetzlichen Prüfauftrag verweigerte. Der MD wies daraufhin, dass er eine bestimmte Anzahl von Prüfaufträgen dann zurückstellen werde, um eine fristgerechte Bearbeitung der restlichen Prüfaufträge zu gewährleisten. Die Krankenkasse stellte als Reaktion einen Eilantrag beim Sozialgericht München, mit dem Ziel den MD zu verpflichten, bestimmte Prüfaufträge zwei Wochen vor Ablauf der Frist nach § 8 Satz 3 PrüfvV zu begutachten, damit die Krankenkasse nicht die möglichen Erstattungsansprüche verliere.

Das Gericht lehnte den Antrag allerdings ab und vertrat im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung die Auffassung, dass aus den gesetzlichen Grundlagen sich keine Verpflichtung des MD zur fristgerechten Vorlage der Gutachten bei einem Auftrag nach § 275c SGB V ergebe.

Auch der PrüfvV ließe sich keine Regelung der Frage entnehmen, innerhalb welcher Frist der MD seine gutachtliche Stellungnahme gegenüber der auftraggebenden Krankenkasse abzugeben hätte. Die PrüfvV regele zwar detailliert die verschiedensten Fristen im Prüfverfahren zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern, jedoch gerade nicht die Frage, bis wann und insbesondere wie lange vor Ablauf der in § 8 Satz 3 PrüfvV geregelten Elfmonatsfrist der MD seine gutachtliche Stellungnahme gegenüber der Krankenkasse abzugeben hat. Diese Frage zu regeln, wäre nach Ansicht des SG München insbesondere deshalb nahe liegend gewesen, weil die Vorstellungen der Krankenkassen, welcher zeitliche Spielraum ihnen zur abschließenden Bearbeitung der Mitteilung nach § 8 Sätze 1 und 2 PrüfvV vor Ablauf der Frist nach § 8 Satz 3 PrüfvV zu verbleiben habe, erheblich differenzieren dürfte.

Eine ergänzende Auslegung der PrüfvV verbiete sich nach Ansicht des Gerichts, weil die gesetzliche Grundlage nach § 17c Abs. 2 KHG eine Beteiligung des MD nicht vorsehe und daher auch keine Verpflichtung des MD begründen könne, was auch aus der Neufassung des § 17c Abs. 2 Satz 3 KHG folge, wonach der MD Bund bei dem ab dem 01.01.2021 zu gewährleistenden elektronischen Datenaustausch nach der neuen PrüfvV zu beteiligen ist.

Die Auffassung des Sozialgerichts München zeigt deutlich, dass die praktischen Probleme des Prüfverfahrens nach § 275c SGB V, die sich nicht nur im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse abspielen, noch lange nicht gelöst sind, wobei durch die neue Stellung des MD, die bekannten Konfliktlinien erweitert werden. Dafür ist die zitierte Entscheidung ein gutes Beispiel, wobei auch die aktuelle Neufassung des § 17c Abs. 2 KHG nur eine sehr begrenzte Beteiligung des MD vorsieht, obwohl der MD nach wie vor ein zentrale Akteur im Prüfverfahren sein wird. Dies scheint ein weiteres Defizit der gesetzlichen Neuregelung zu sein. Ob die gesetzliche Neuregelung wirklich zu einer Entlastung des MD führen wird, bleibt abzuwarten.

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Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Dr. Michael Stiehl am

    Was bedeutet diese Urteil nun? Verfällt der Anspruch der Krankenkassen bei Fristversäumnis des MD?
    MfG
    Dr. Michael Stiehl, Bad Berleburg

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrter Herr Dr. Stiehl,

    vielen Dank für Ihre Frage.

    Im Verhältnis zu den Krankenhäusern spielt der Beschluss des SG München keine Rolle.

    Für den Erstattungsanspruch der Krankenkasse gilt nach der alten PrüfvV nach § 8 Satz 4 PrüfvV eh die Ausschlussfrist von 11 Monaten gem. § 8 Satz 3 PrüfvV. Liegt innerhalb der Frist kein Gutachten vor – egal aus welchen Gründen – ist die Krankenkasse mit Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Wölk

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