Neues zur Abrechnung des Femtosekundenlasers
0Die Abrechnung des Einsatzes des Femtosekundenlasers bei Kataraktoperationen nach der GOÄ bleibt ein ungelöstes Problem.
Nach dem mehrere gerichtliche Entscheidungen die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 5855 nach § 6 Abs. 2 GOÄ abgelehnt hatten, finden sich aktuell auch gerichtliche Entscheidungen, die das Gegenteil annehmen.
So hat das LG Köln in einer Entscheidung vom 04.11.2020 (- 23 O 94/18 -) die Abrechnung der GOÄ-Ziffer 5855 A für den Femtosekundenlaser bestätigt. Danach kann die Durchführung der Kataraktoperation mittels Femtosekundenlasers gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ durch den Behandler analog der GOÄ-Ziffer 5855 abgerechnet werden, weil dessen Anwendung nicht eine Variante von Teilschritten der Kataraktoperation nach dem Zielleistungsprinzip gemäß § 4 Abs. 2a GOÄ darstellt, sondern eine neue Behandlung der Intraokularlinse einführt, die die anschließende Kataraktoperation sicherer macht. Das Gericht stützte seine Überzeugung maßgeblich auf die Ausführungen des Sachverständigen, wonach die Methode des Femtosekundenlasers in der Gebührenordnung nicht existiere und eine Abrechnung analog der GOÄ-Ziffer 5855 neben der Abrechnung der GOÄ-Ziffer 1375 geboten sei, weil die Leistungen in der GOÄ-Ziffer 1375 nicht abgebildet seien. Bei dem Einsatz des Femtosekundenlasers handele es sich um einen von der eigentlichen Kataraktoperation zeitlich und räumlich getrennten Eingriff. Dieser stelle keine Variante von Teilschritten der Kataraktoperation nach dem Zielleistungsprinzip des § 4 Abs. 2a GOÄ dar, sondern führe mit der Fragmentierung der Linse eine neue Behandlung der Intraokularlinse ein, die die anschließende Kataraktoperation vereinfacht und dadurch sicherer macht. Auch die automatisierte Positionierung der Kapselöffnung durch den Femtosekundenlaser habe einen vollkommen neuen operativen Schritt eingeführt.
Die Abrechnung ist auch in einem Beihilfeverfahren durch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einer Entscheidung vom 02.03.2021 (- 1 A 1490/20 -) indirekt bestätigt worden, auch wenn das Gericht sich zur Frage der korrekten Abrechnung nicht äußerst. Denn nach Ansicht des OVG musste beihilferecht nicht abschließend entschieden werden, ob der Einsatz des Femtosekundenlasers tatsächlich in analoger Anwendung der GOÄ-Ziffer 5855 abgerechnet werden kann. Es kommt vielmehr darauf an, dass die Abrechnung in analoger Anwendung der GOÄ-Ziffer 5855 ärztlicherseits vertretbar sei und dass es an einer vorherigen Klarstellung einer insoweit abweichenden Auslegung des Dienstherrn fehle, weshalb die entsprechenden Aufwendungen schon aus Gründen der Fürsorgepflicht zugunsten der klagenden Beihilfeberechtigten als beihilferechtlich angemessen anzusehen seien.
Dieser Vertretbarkeitsmaßstab für die Abrechnung erleichtert die beihilferechtliche Angemessenheitsprüfung zugunsten des Beihilfeberechtigten. Hat der Dienstherr seine Rechtsauffassung vorab nicht klargestellt und haben sich die Beihilfeberechtigten deswegen nicht rechtzeitig auf einen möglichen Ausfall an Beihilfezahlungen einstellen können, sollen objektive Unklarheiten der Gebührenordnung, die zu unterschiedlichen Auffassungen Anlass geben, nicht zu Lasten des Beihilfeberechtigten gehen. Aus Gründen der Fürsorgepflicht soll dieser nicht vor die Wahl gestellt werden, entweder auf eigenes Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die objektiv zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages selbst zu tragen. Nur dann, wenn der Dienstherr seine eigene Auslegung rechtzeitig vorab klargestellt, verbleibt es bei dem Grundsatz, dass die erforderliche beihilferechtliche Klärung im Klageverfahren den Verwaltungsgerichten obliegt, die das ärztliche Gebührenrecht dann umfassend auslegen.
Die unterschiedlichen Entscheidungen zur Abrechnung des Femtosekundenlasers offenbaren gerade auch mit Blick auf die gerichtlichen Auseinandersetzungen zum Abrechnung der IMRT-Bestrahlungen in der Radioonkologie, dass die GOÄ zur Bewältigung des medizintechnischen Fortschritts nicht mehr taugt und auch die Gerichte in entsprechenden Auseinandersetzungen überfordert sind. Soweit sich die Kostenträger und Leistungserbringer nicht auf analoge Abrechnungsziffern verständigen, zersplittert die Abrechnung in einer Vielzahl von gerichtlichen Einzelentscheidungen, die letztlich davon abhängig sind, welche gebührenrechtlichen Auffassungen die beauftragten medizinischen Sachverständigen vertreten. Leidtragende sind dann erneut die Patienten, auf deren Rücken die Auseinandersetzungen zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern ausgetragen werden.
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