Unzulässige Zuwendungen ab Wertgrenze von einem Euro? – Grenze gilt auch in Fachkreisen

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Unentgeltliche Zuwendungen von Unternehmen an Ärzte und Apotheker werden nicht erst nach Schaffung des § 299a StGB kritisch beäugt. Nach § 7 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) war die unentgeltliche Zuwendung ebenfalls unzulässig, wenn es nicht ein Ausnahmetatbestand vorlag. Nach der gesetzlichen Regelung waren immer noch geringwertige Zuwendungen erlaubt.

Wo diese Geringwertigkeitsgrenze für Zuwendungen an Ärzte und Apotheker zu sehen war, war aber nicht klar definiert. In einer aktuellen Entscheidung hat das Oberlandesgericht Stuttgart nun die Wertgrenze für eine nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 HWG zulässige Werbegabe an Angehörigen der Fachkreise bei 1,00 Euro festgelegt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 22.02.2018 – 2 U 39/17 –).

Die Entscheidung orientiert sich an der Wertgrenze, welche der Bundesgerichtshof für Werbegaben im Zusammenhang mit Arzneimittelrezepten in Apotheken gegenüber Verbrauchern angenommen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2013 – I ZR 98/12 –).

Diese Grenze ist nach dem Oberlandesgericht Stuttgart auch für die Werbegaben an Ärzte und Apotheker zu beachten. Der Wortlaut der Vorschrift über „geringwertige Kleinigkeiten“ bildet nach Ansicht des Gerichts die Grenze der Auslegung. Hierunter fallen danach allein Gegenstände von so geringem Wert, dass eine relevante unsachliche Beeinflussung der Werbeadressaten als ausgeschlossen erscheint. Als geringwertige Kleinigkeiten können danach nur kleinere Zugaben anzusehen, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen, wie z.B. Bonbons, Luftballons und Taschentücher. Mit Logos bedruckte Kleinartikel wie Kugelschreiber, Notizblöcke oder Streichhölzer stellen lediglich Werbeträger dar, von denen regelmäßig über die schlichte Werbebotschaft hinaus keine unsachliche Beeinflussung ausgeht.

Diese allgemeinen Erwägungen treffen nach den Richtern des Oberlandesgerichts Stuttgart dem Grunde nach auch auf Angehörige der Fachkreise im Sinne von § 2 HWG zu und damit auch auf Ärzte und Apotheker zu. Auch der Gesetzeszweck spricht nach Ansicht des Gerichts dafür, bei Angehörigen der Fachkreise einen ebenso strengen Maßstab anzulegen wie bei Verbrauchern. Nach psychologischen Erkenntnissen entsprechend der sozialen Reziprozitätsregel ist bei einer kostenlosen Leistung oft zu erwarten, dass sich der Empfänger in irgendeiner Weise erkenntlich zeigen wird. Dies kann dazu führen, dass der umworbene Apotheker oder Arzt einem Kunden die Produkte des zuwendenden Unternehmens empfiehlt, was auch das erkennbare Ziel der Werbemaßnahme ist. Genau hierin besteht eine unsachliche Beeinflussung, die durch das Gesetz verhindert werden soll und ab einer Wertgrenze von 1,00 Euro anzunehmen ist.

Die Entscheidung zeigt auf, wie streng die Gerichte mittlerweile die Grenzen der unentgeltlichen Zuwendung interpretieren, auch wenn die Frage erlaubt sein darf, ob eine Zuwendung von 1,10 Euro gegenüber einem Arzt oder Apotheker wirklich genauso wie bei einem Verbraucher die Gefahr einer unsachgemäßen Beeinflussung bedingen kann oder ob nicht hier doch eine gewisse Differenzierung erlaubt ist. Die von den Gerichten angenommenen engen Grenzen und die mit unentgeltlichen Zuwendungen verbundenen rechtlichen Risiken sollten dazu führen, dass selbst kleine Geschenke mit Vorsicht betrachtet werden.

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