Unzulässiger Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens bei Operation durch Oberarzt bei Vereinbarung von wahlärztlichen Leistungen

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Der BGH hat seine haftungsrechtliche Rechtsprechung zur fehlenden Einwilligung bei wahlärztlichen Operationen durch einen anderen Operateur in der Entscheidung vom 19.07.2016 (- IV ZR 75/15 -) fortgesetzt.

In der zitierten Entscheidung war erneut ein Sachverhalt betroffen, bei dem ein Patient die Durchführung der Operation durch einen Wahlarzt mit dem Krankenhausträger vereinbart hatte, die Operation dann aber ohne erneute Aufklärung des Patienten und ohne seine Zustimmung durch einen anderen Operateur durchgeführt worden war.

Der BGH hatte dazu bereits festgestellt, dass wenn sich ein Patient bewusst für die Durchführung der Operation durch einen bestimmten Arzt entscheidend, seine Einwilligung nur für diesen Arzt gelte. Die Durchführung der Operation durch einen anderen Arzt ist dann von der Einwilligung des Patienten nicht gedeckt und rechtswidrig (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2010 – VI ZR 252/08 –).

Eine Haftung der Ärzte und des Krankenhauses war im Berufungsverfahren aber verneint worden, weil nach Auffassung des Berufungsgerichts die Ärzte sich zurecht auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens hätten berufen können, weil die nachträgliche Schädigung des Patienten auch dann eingetreten wäre, wenn ein anderer Operateur den Eingriff durchgeführt hätte.

Dieser Ansicht ist der BGH unter Betonung des Schutzzwecks der aufgeklärten Einwilligung deutlich entgegen getreten.

Aus der besonderen Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten leiten sich nach dem BGH Verhaltenspflichten des Arztes ab, die ihn nicht nur zur Sorgfalt bei der Behandlung des Patienten verpflichten, sondern auch dazu, sich dessen Einwilligung in diese Maßnahmen zu versichern. Erklärt der Patient in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechts, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen, darf ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen. Ist ein Eingriff durch einen bestimmten Arzt vereinbart oder konkret zugesagt, muss der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden, wenn ein anderer Arzt an seine Stelle treten soll. Fehlt die wirksame Einwilligung in die Vornahme des Eingriffs, ist der in der ärztlichen Heilbehandlung liegende Eingriff in die körperliche Integrität rechtswidrig. Dabei betont der BGH die besondere Bedeutung der abgeschlossenen Wahlleistungsvereinbarung, deren Inhalt gerade auf die persönliche Leistungserbringung durch den Wahlarzt abzielt. Vor diesem Hintergrund kann sich der Arzt, der ohne eine auf seine Person bezogene Einwilligung des Patienten operiert hat, nach dem BGH nicht darauf berufen, dass der Patient mit der Vornahme des Eingriffs durch einen anderen Operateur einverstanden gewesen sei. Könnte er sich mit diesem Einwand einer Haftung entziehen, bliebe der rechtswidrige Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten sanktionslos, was mit Blick auf die Bedeutung des Selbstbestimmungsrechts nicht hinzunehmen sei.

Die Entscheidung macht auch aus haftungsrechtlicher Sicht noch einmal sehr deutlich, dass die persönliche Leistungserbringung durch den verantwortlichen Wahlarzt nicht ohne gesonderte Vereinbarung und Aufklärung des Patienten auf einen Stellvertreter des Wahlarztes delegiert werden darf. Nach dem BGH ist in diesen Fällen nicht nur der Honoraranspruch für die wahlärztlichen Leistungen hinfällig, sondern es ergeben sich auch erhebliche Haftungsrisiken. Das Problem der Einwilligung in eine Operation durch den Vertreter des Wahlarztes bei dessen unvorhersehbarer Verhinderung ist allerdings durch die haftungsrechtliche Rechtsprechung nach wie vor nicht eindeutig geklärt.

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