Vertragsarztsitz für Klinikchef?

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Das BSG hat in einer Entscheidung vom 16.12.2015 (- B 6 KA 19/15 R -) sich gegen die Erteilung eines hälftigen Vertragsarztsitzes an einen Chefarzt eine Universitätsklinikums gewandt und sehr deutlich gemacht, dass die vollzeitige Anstellung in einem Krankenhaus aufgrund von §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV nicht zu vereinbaren ist.

Dabei hat das Gericht schon grundsätzliche Zweifel an der Vereinbarkeit der vollzeitigen Anstellung des Chefarztes und der Ausübung einer zusätzlichen vertragsärztlichen Tätigkeit nach § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV geäußert. Nach dem BSG könnte schon die Genehmigung der Tätigkeit in der ambulanten Versorgung als Nebentätigkeit mit entsprechenden Abführungspflichten gegen die notwendige Unabhängigkeit des Vertragsarztes sprechen. Soweit der Kläger ausgeführt hatte, dass seine ambulante Tätigkeit in Abstimmung und mit voller Zustimmung des Krankenhausträgers durchgeführt wird, wies das BSG darauf hin, dass es nicht Aufgabe der vertragsärztlichen Versorgung sei, einem universitären Krankenhaus neue Tätigkeitsbereiche zu etablieren bzw. universitäre Forschung zu fördern.

Entscheidend ist aber nach dem BSG, dass der vollzeitig angestellte Chefarzt und Hochschullehrer nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV der vertragsärztlichen Versorgung nicht in ausreichenden Ausmaß zur Verfügung steht.

Dazu hat das BSG in dieser grundsätzlichen Entscheidung unter Hinweis auf die Änderungen des § 20 Abs. 1 Ärzte-ZV seine alte Rechtsprechung zur sog. 13-Stunden-Grenze (bei hälftigen Versorgungsauftrag – 26 Stunden) ausdrücklich aufgegeben (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2002 – B 6 KA 20/01 R – und vom 13.10.2010 – B 6 KA 40/09 R -). Auch das BSG geht nun davon aus, dass es auf eine feste Stundengrenze nicht mehr ankommen kann, bestätigt aber gleichzeitig, dass seine Rechtsprechung zur Unvereinbarkeit einer vollzeitigen hauptberuflichen anderweitigen Tätigkeit mit einer weiteren vertragsärztlichen Tätigkeit. Dies bleibe nach dem BSG auch dann unzulässig, wenn der Krankenhausarzt in der Gestaltung seiner Arbeitszeit frei sei und er die vertragsärztliche Tätigkeit in seine Berufsausübung als Krankenhausarzt integrieren könne.

Die Entscheidung ist zunächst dahingehend zu begrüßen, dass die starre 13- oder 26-Stunden-Grenze gefallen ist. Damit wird die vom Gesetzgeber gewollte Flexibilisierung erreicht. Es wird zukünftig auf die zeitliche Belastung im Einzelfall ankommen, wobei die vollzeitige anderweitige Tätigkeit als absolute Grenze anerkannt werden muss.

Gleichzeitig lässt das Urteil aber gerade mit Blick auf die Vereinbarkeit eines Angestelltenverhältnisses und der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in freier Praxis viele Frage offen. Dies gilt insbesondere für die in der Praxis in vielen Konstellationen vorzufindende Vermischung zwischen ambulanter und stationärer Tätigkeit von angestellten Krankenhausärzten. Für die vollzeitig angestellten Krankenhausärzte wird nach dieser Rechtsprechung zunächst wieder der Weg in die Ermächtigung gesucht werden, der mittlerweile aber von vielen Kassenärztlichen Vereinigungen sehr kritisch gesehen wird. In der Praxis sind Ermächtigungen für Krankenhausärzte immer schwieriger durchzusetzen.

Für die Tätigkeit der Krankenhausärzte in der ambulanten Versorgung bestehen aber Alternativen. Dies macht jedoch eine zukunftsorientierte und am Bedarf ausgerichtete Planung erforderlich.

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