Zur Aufklärung fremdsprachiger Patienten durch Angehörige
0Die Aufklärung fremdsprachiger Patienten führt immer noch zu Bewertungsunsicherheiten. Ist die Verständigung aufgrund der fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache nicht möglich, stellt sich immer wieder die Frage, ob die Aufklärung durch einen übersetzenden Familienangehörigen oder Bekannten des Patienten gewährleistet werden kann.
Dass diese Aufklärungssituation erhebliche Haftungsrisiken birgt, wird leider oft übersehen.
So hat bereits das OLG Köln in einer Entscheidung vom 09.12.2015 (- I-5 U 184/14 -) klargestellt, dass wenn ein aus dem Ausland stammender Patient der deutschen Sprache kaum mächtig und er ohne Übersetzungshilfe nicht in der Lage ist, dem Aufklärungsgespräch inhaltlich zu folgen, der aufklärende Arzt sicherstellen muss, dass dem Patienten durch einen Dolmetscher der Inhalt des Aufklärungsgesprächs übermittelt wird. Soll die Übersetzung durch einen Familienangehörigen des Patienten erfolgen, muss der aufklärende Arzt aber in geeigneter Weise überprüfen, ob der Familienangehörige seine Erläuterungen verstanden hat und ob der Angehörige selbst in der Lage ist, das Gespräch in die andere Sprache zu übersetzen. Hierzu muss sich der Arzt zumindest einen ungefähren Eindruck von den Deutschkenntnissen des Familienangehörigen verschaffen. Anschließend muss der Arzt durch eigene Beobachtung feststellen, dass eine Übersetzung stattfindet und er muss aus der Länge des Übersetzungsvorgangs den Schluss ziehen können, dass eine vollständige Übersetzung vorliegt. Schließlich muss sich der aufklärende Arzt durch Rückfrage beim Patienten einen Eindruck davon verschaffen, ob dieser die ihm übersetzte Aufklärung auch verstanden hat. Bei verbleibenden Zweifeln ist der Arzt gehalten, sich der Hilfe eines Dolmetschers zu bedienen, von dessen ausreichenden Sprachfähigkeiten er mit der erforderlichen Sicherheit ausgehen kann.
Diesen Anforderungen wird der aufklärende Arzt in der Praxis kaum gerecht werden können, weil er sich letztlich keine Sicherheit darüber verschaffen kann, ob die Aufklärung auch tatsächlich korrekt übersetzt worden ist. Faktisch schafft sich der Arzt mit dieser Praxis auch einen eventuellen Zeugen, der einen Übersetzungs- und damit Aufklärungsmangel im Zweifel auch gegen ihn bestätigen wird. Die Aufklärung über Familienangehörige des Patienten oder den „Bettnachbarn“ birgt daher erhebliche Haftungsrisiken.
In der Praxis haben größere Krankenhäuser den hohen Anforderungen an die Aufklärung dadurch Rechnung getragen, dass sie selbst „Dolmetscher-Pools“ durch entsprechend sprachkundiges Personal vorhalten, auch wenn dies längst noch nicht in allen Krankenhäusern üblich ist.
Zumindest bei einer umfangreicheren und komplexen Aufklärung über eine nicht dringend indizierte Operation sollte der aufklärende Arzt im Zweifelsfall sogar durch Hinzuziehung eines professionellen Dolmetschers bzw. zumindest durch Hinzuziehung eines für eine Übersetzung geeigneten Mitglied des Krankenhauspersonals die ordnungsgemäße Übersetzung der Aufklärung sicherstellen. Letztlich bleibt die rechtliche Verantwortung für die Aufklärungskommunikation auch bei fremdsprachigen Patienten in den Händen des Arztes.
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