Zur „Erfindung“ der Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit durch das BSG

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Wir hatten uns bereits mehrfach mit der problematischen Rechtsprechung des BSG zur Annahme einer Prüfung von Krankenhausabrechnungen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit auseinandergesetzt. Eines der Kernprobleme der vielfach kritisierten Rechtsprechung des 1. Senates des BSG ist nach wie vor, dass vor der grundlegenden Entscheidung des Gerichts zum 01.07.2014 (- B 1 KR 29/13 R -), in welcher das Gericht die Existenz eines solchen Prüfverfahrens einfach voraussetzte, von diesem angeblich schon immer vorhanden Prüfungsverfahren keiner der beteiligten Kostenträger und Leistungserbringer Kenntnis hatte.

Das BSG wird zwar nicht müde zu betonen, dass es das Prüfverfahren schon immer gegeben habe, jedoch zeigt eine Analyse der Rechtsprechung des BSG bis zum Juli 2014 sehr deutlich, dass selbst das BSG die Existenz eines solchen Prüfverfahren in seiner Rechtsprechung bis Juli 2014 nicht angenommen hat.

Dies hat eine aktuelle und sehr lesenswerte Entscheidung des SG Aachen vom 10.07.2018 (- S 14 KR 515/17 -) zur Problematik des Rückforderungsanspruches einer Krankenkasse aufgrund angeblich zu Unrecht gezahlter Aufwandspauschale herausgearbeitet und dazu die Rechtsprechung des BSG zur Prüfung von Krankenhausabrechnungen eingehend analysiert. Die Entscheidung kann in der ausführlichen Begründung nachweisen, dass bis zum 01.07.2014 weder das BSG noch die wissenschaftliche Literatur und Praxis ein gesondertes Prüfverfahren außerhalb des § 275 SGB V angenommen haben und daher die Rückzahlungsforderungen von Aufwandspauschalen durch die Krankenkassen auch treuwidrig sind, soweit Prüfverfahren vor dem 01.07.2014 betroffen sind. Die Entscheidung bestätigt damit die Linie anderer Sozialgerichte, welche die entsprechenden Rückforderungen der Krankenkassen ebenfalls zurückgewiesen haben (vgl. etwa SG Fulda, Gerichtsbescheid vom 23.02.2018 – S 4 KR 255/16 – und SG Reutlingen, Urteil vom 14.03.2018 – S 1 KR 3632/16 –).

Die überzeugende Rechtsprechungsanalyse des SG Aachen zeigt sehr deutlich, dass es sich bei der Annahme eines gesonderten Prüfungsverfahrens auf sachlich-rechnerische Rechtsprechung um eine „Erfindung“ des BSG im Urteil vom 01.07.2014 (- B 1 KR 29/13 -) handelte, die der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V Anfang 2016 korrigiert hat. Aufgrund der auch vom SG Aachen dargestellten Gründe ist eine Rückforderung von bereits vor dem 01.07.2014 gezahlten Aufwandspauschalen nicht nachvollziehbar zu begründen.

Dass dies von einigen Gerichten leider anders gesehen wird, zeigt die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 15.02.2018 (- L 5 KR 251/17 -), in welcher das Gericht lapidar annimmt, dass keine Gründe erkennbar seien, warum das Rückforderungsverlangen einer Krankenkasse für eine bereits im Jahr 2012 gezahlte Aufwandspauschale treuwidrig sein solle, wenn es sich im Ergebnis um eine Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit gehandelt habe. Diese lapidare Begründung ist angesichts der zahlreichen ausführlich begründeten konträren Entscheidungen anderer Gerichte erstaunlich und kann nicht überzeugen.

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