Zur neuen GOÄ – 1 – Das zukünftige Konzept der Analogleistungen
0Dass die aktuelle GOÄ, die im Wesentlichen aus dem Jahr 1982 stammt, dringend überarbeitet werden muss, ist ein alte und gemeinsame Erkenntnis aller Akteure im Gesundheitswesen. Das der Verordnungsgeber mit Blick auf die drohenden Kostensteigerungen für die Beihilfestellen wenig Neigung verspürte sich dieser Reform anzunehmen, haben nur die Bundesärztekammer e.V. und der Verband der privaten Krankenversicherungen einen gemeinsamen Entwurf für eine neue GOÄ vorgelegt, die aber gerade im Bereich des allgemeinen Teils derart misslungen erscheint, dass der Entwurf eher mehr Probleme schaffen als lösen wird.
Derzeit steht noch in Sternen, ob der Entwurf Chancen auf eine Umsetzung durch den Verordnungsgeber nach § 11 BÄO haben wird. Dennoch sollten aktuellen Vorschläge besonders kritisch geprüft und weiter diskutiert werden, bevor sie unkommentiert in die Verordnung übernommen werden.
Medizinrecht Saarland wird den aktuellen Entwurf daher in fortlaufenden Beiträgen kommentieren. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit dem Vorschlag des konsentierten Entwurfs der beiden privatrechtlichen Vereine zur Analogleistung nach § 6 Abs. 2 GOÄ-Entwurf.
Erfreulicherweise soll nach dem GOÄ-Entwurf auch zukünftig, das Konzept der Analogleistungen beibehalten werden, wonach neue Leistungen auch zukünftig mit vorhandenen Tatbeständen der GOÄ analog abgerechnet werden können.
Schwierig wird es aber schon, wenn im neuen § 6 Abs. 2 GOÄ-Entwurf eine analogfähige Leistung nur dann vorliegt, wenn diese in Deutschland erstmals nach dem 01.01.2018 „angewendet“ worden ist. Maßgeblich soll daher nicht mehr sein, dass die Leistung nicht ins Gebührenverzeichnis aufgenommen ist, sondern in Deutschland zu einem bestimmten Datum noch gar nicht angewendet worden ist. Abgesehen davon, dass schon fraglich ist, wie dies festgestellt werden soll, stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Bezugspunkt der erstmaligen Anwendung. Denn es mag doch sein, dass eine Methode bereits vor Jahren in Deutschland angewendet worden ist, aber sie sich nicht durchsetzen konnte, sie dann aber aufgrund neuerer Erkenntnisse zum Standard wird. Soll nun diese Methode nur aufgrund der vereinzelten Anwendung in der Vergangenheit nicht mehr analogfähig sein? Wie soll sie dann berechnet werden? Das Abstellen auf die erstmalige Anwendung zu dem offenbar auch willkürlich gesetzten Datum des 01.01.2018 ist weder sinnvoll noch umsetzbar.
Noch absurder wird die Anforderung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 GOÄ-Entwurf, wonach der Patient vom Arzt rechtzeitig vor der Leistungserbringung in Textform über die Analogabrechnung der einzelnen Leistungen aufgeklärt werden muss. Diese Anforderung stellt absurde und in der Praxis nicht erfüllbare Anforderungen an den Arzt. Denn im Verlauf der Behandlung müsste der Arzt für jede Behandlungsmaßnahme, bei der eine Analogleistung erfolgt, zur Sicherheit eine begleitende wirtschaftliche Aufklärung in Textform über die mögliche Analogleistung sicherstellen, so dass damit eine sukzessiv zu erfolgende wirtschaftliche Aufklärung des Patienten zu erfolgen hat. Die s läuft im Ergebnis auf einen sukzessiv zu erfolgenden Kostenvoranschlag für die Behandlung hinaus, welche bisher in der Rechtsprechung eigentlich gerade im Bereich der Krankenhausbehandlung nicht für erforderlich gehalten worden ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.01.2004 – III ZR 375/02 –). Gerade im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung wird dies in der Praxis nicht zu leisten sein, wobei der Erkenntnisgewinn für die konkreten Entscheidungssituationen des Patienten durch diese Aufklärung auch nicht erkennbar ist. Hinzukommt der wenig hilfreiche Hinweis auf die gebotene Rechtzeitigkeit der Aufklärung, die sich an vielen Stellen des Entwurfes der neuen GOÄ findet, aber an keiner Stelle präzisiert wird. Wie diese „rechtzeitige“ Aufklärung bei Notfalloperationen oder vergleichbar dringend indizierten Eingriffen zu realisieren sein soll, ist dem § 6 Abs. 2 GOÄ-Entwurf nicht zu entnehmen.
Eine durchaus sinnvolle Idee ist den alten Zentralen Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer für den Bereich der Analogleistungen durch Einführung einer neuen Vorschrift in die Bundesärzteordnung zu überführen und der Arbeit des Ausschusses damit eine verlässliche Grundlage zu geben. Warum die Empfehlungen der „Gemeinsamen Kommission“ nach dem vorgeschlagenen neuen § 11a BÄO-Entwurf dann aber wieder nur empfehlenden Charakter haben sollen und damit im Ergebnis die Analogbewertung wieder Aufgabe der Gerichte ist, überzeugt nicht.
Insgesamt ist die Vorschrift wenig überzeugend und wird für die Praxis erhebliche Probleme schaffen. Sie sollte dringend überarbeitet werden.
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