Ärztekammer Niedersachsen kapituliert – alle Strahlentherapeuten bei der Bewertung der IMRT befangen

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Über die gerichtlichen Verfahren der Versicherten gegen die Landeskrankenhilfe V.V.a.G. (LKH) um die Vergütung der IMRT haben wir bereits wiederholt berichtet. Alle bekannten Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass die LKH fast alle in Deutschland tätigen Strahlentherapeuten aufgrund behaupteter eigener wirtschaftlicher Interessen an der Abrechnung der IMRT als befangen ablehnt, was vereinzelt dazu geführt hat, dass die Gerichte tatsächlich Sachverständige aus Österreich beauftragt haben. Andere Verfahren werden durch eine Vielzahl von Befangenheitsanträgen in die Länge gezogen.

Das Vorgehen der LKH zeigt offenbar Wirkung, denn in einem vor dem Landgericht Verden anhängigen Verfahren (8 S 66/17) hat die Ärztekammer Niedersachsen auf Anfrage des Gerichts mitgeteilt, dass sie keinen Sachverständigen vorschlagen kann, weil alle (!) bekannten Gutachter aus Niedersachsen sich befangen fühlen. Damit fällt – zumindest in Niedersachsen – eine gesamte ärztliche Fachgruppe als Gutachter für die Abrechnung der IMRT aus.

Dies ist mehr als bedenklich, weil die Problematik auf jede grundsätzliche Abrechnungsauseinandersetzung zwischen Ärzten und Krankenversicherungen übertragen werden kann, weil prinzipiell alle aktiven Ärzte der jeweiligen Fachgruppe von grundsätzlichen GOÄ-Abrechnungsfragen betroffen sein können. Muss diese Diskussion nun ernsthaft dazu führen, dass in grundlegenden Abrechnungsstreitigkeiten nur noch ausländische Ärzte als Sachverständige tätig sein können?

Die gesamte Diskussion mutet abenteuerlich an, insbesondere weil hier eine grundlegende Auseinandersetzung zwischen Leistungserbringern und Krankenversicherung über die Abrechnung moderner Verfahren nach der GOÄ auf dem Rücken von schwerstkranken Versicherten ausgetragen wird und die eigentlichen Streitparteien seit Jahren nicht dazu in der Lage sind, eine interessensgerechte Lösung zu finden. Die seit Jahren diskutierte und dringend notwendige Reform der GOÄ lässt auch noch auf sich warten.

Die Auseinandersetzung um die angebliche Befangenheit einer gesamten ärztlichen Berufsgruppe mutet noch absurder an, wenn berücksichtigt wird, dass mittlerweile aus der Vielzahl von gerichtlichen Verfahren unter Beteiligung der LKH zur Abrechnung der IMRT-Bestrahlungen nach der GOÄ-Ziffer 5855 A zahlreiche gut begründete Gutachten vorliegen, die nach § 411a ZPO auch in anderen Verfahren ohne Weiteres verwendet werden können. Warum die Gerichte von dieser Möglichkeit bisher keinen Gebrauch machen und zu der immer identischen abstrakten Abrechnungsfrage immer neue Gutachten einholen, ist unverständlich.

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