Anforderungen an Entscheidung der Krankenkasse im Prüfverfahren?

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In vielen Fällen kommt es nach wie vor, dass die Krankenkassen nach Abschluss der MD-Prüfung im Prüfverfahren lediglich auf das Ergebnis des Gutachten verweisen und eine Liste mit den beanstandeten Rechnungen übersenden. Die Mitteilung eines konkreten Erstattungsanspruches oder einer konkreten Entscheidung unterbleibt oft.

Diese Praxis das SG Rostock in einer Entscheidung vom 04.05.2023 (– S 11 KR 151/21 –) kritisch gesehen.

Denn nach § 8 PrüfvV hat die Krankenkasse ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch dem Krankenhaus mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen. Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Absatz 3 PrüfvV zu erfolgen. Für die Mitteilung des Erstattungsanspruchs nach § 8 PrüfvV ist es aber grundsätzlich erforderlich, dass die Krankenkasse den Anspruch in konkreter Höhe geltend macht (so auch SG Ulm, Urteil vom 30.03.2023 – S 13 KR 3202/21 –).

§ 8 Satz 1 PrüfvV lässt es nicht ausreichen, dass die Krankenkasse dem Krankenhaus abschließend mitteilt, wie die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen bzw. die Abrechnung zu korrigieren ist. Die Regelung verlangt vielmehr ausdrücklich zusätzlich, dass der daraus folgende Erstattungsanspruch mitzuteilen ist. Das Erfordernis der Mitteilung des Erstattungsanspruches liefe leer, wenn die Mitteilung der wesentlichen Gründe zur Ermittlung des Erstattungsanspruches als ausreichend erachtet würde.

Dabei ist nicht nur dem Grunde nach bzw. abstrahiert ein Erstattungsanspruch geltend zu machen, sondern mitzuteilen ist ein konkretisierter Anspruch, wie er sich aus der abschließenden Entscheidung der Beklagten ergibt. Hierfür spricht nach dem SG Rostock bereits die Formulierung „den daraus folgenden“. Insbesondere aber ist es im Rechtsverkehr üblich, einen Anspruch in konkreter Höhe geltend zu machen, sei es ausdrücklich oder durch Mitteilung eines unstreitigen Betrages, auf dessen Grundlage sich die Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruchs bereits durch bloße Subtraktion zweifelsfrei ergibt. Warum dies vorliegend anders sein soll, erschließt sich für die Richter in Rostock nicht. Für das Krankenhaus soll durch die Mitteilung nach § 8 Satz 1 PrüfvV bzw. innerhalb der Frist nach Satz 3 deutlich sein, in welcher konkreten Höhe es einem Erstattungsanspruch der Krankenkasse ausgesetzt sein soll, nicht zuletzt um ggf. Einwendungen geltend machen zu können. Dass das Krankenhaus hierfür den Betrag eines Erstattungsanspruchs selbst zu ermitteln hat, ist in der PrüfvV nicht vorgesehen.

Soweit § 10 Satz 2 PrüfvV für die Aufrechnung fordert, dass der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen sind, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass eine Mitteilung der konkreten Höhe innerhalb der Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV noch entbehrlich ist. Während § 8 PrüfvV der Konkretisierung des Erstattungsanspruches aus dem konkreten Behandlungsfall dient, soll § 10 PrüfvV eine Individualisierbarkeit dahingehend sicherstellen, dass die Krankenhäuser, die regelmäßig einer Vielzahl von Erstattungsforderungen ausgesetzt sind, erkennen können, welcher Leistungsanspruch mit welchem Erstattungsanspruch in welcher Höhe verrechnet wird. Nach § 10 Satz 1 PrüfvV kann die Krankenkasse außerdem nur einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem Leistungsanspruch aufrechnen. Diese Regelung beschränkt die Aufrechnungsmöglichkeit insoweit auf unstreitige oder aber fristgerecht mitgeteilte Erstattungsansprüche. Da § 10 Satz 1 PrüfvV explizit auf die Mitteilung nach § 8 PrüfvV abstellt, muss auch die Höhe fristgerecht mitgeteilt werden. Um zweifelsfrei feststellen zu können, ob und mit welchem Anspruch eine Aufrechnung möglich ist, ist es nach Ansicht des Gerichts erforderlich, auch die Höhe des geltend gemachten Erstattungsanspruches zu kennen.

Eine Mitteilung der konkreten Höhe des Anspruchs kann nach der Entscheidung grundsätzlich nicht darin gesehen werden, dass eine Krankenkasse vollumfänglich auf ein Gutachten des MD verweist.

Bei der elfmonatigen Frist des § 8 Satz 3 PrüfvV handelt es sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 8 Satz 4 PrüfvV um eine Ausschlussfrist. Unterbleibt eine fristgemäße Mitteilung, ist die Krankenkasse mit Einwendungen ausgeschlossen und nicht zur Verrechnung berechtigt (so auch SG Duisburg, Gerichtsbescheid vom 12.09.2022 – S 17 KR 2145/21 KH –).

Die Entscheidung ist aus Sicht der Krankenhäuser zu begrüßen, denn es kann nicht Aufgabe der Krankenhäuser sein, die Höhe der Erstattungsansprüche zu erraten. Wenn die Krankenkasse die Ansprüche geltend macht und nachträglich aufrechnet, kann erwartet werden, dass diese auch konkret benannt und beziffert werden.

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