Arbeitnehmereigenschaft des Praxisvertreters

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Mittlerweile scheint die freiberufliche Tätigkeit von Honorarärzten und -pflegekräften in Einrichtungen des Gesundheitsversorgung der Vergangenheit anzugehören. Nach der Entscheidung des BSG vom 04.06.2019 (- B 12 R 11/18 R-) scheint sich auch bei anderen Gerichten durchzusetzen, dass eine freiberufliche Vertretung von Ärzten nicht mehr gibt.

In einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 06.05.2022 (- 9 Ta 18/22 -) ist dies auch für die Vertretung einer niedergelassenen Ärztin durch einen bestellten Praxisvertreter entschieden worden.

Die niedergelassene Ärztin schloss aufgrund einer Erkrankung mit dem Vertretungsarzt einen Praxisvertretungsvertrag, nach dem der Vertretungsarzt die Praxis während der Dauer der Erkrankung fortführen sollte. Es wurde eine Vergütung nach einem festen Stundensatz zzgl. variablen Vergütung mit einem gewissen Gewinnanteil vereinbart. Die niedergelassene Ärztin vereinbarte mit dem Vertretungsarzt eine freiberufliche Tätigkeit. Nach dem ausdrücklichen Parteiwillen sollte kein unselbstständiges Arbeitsverhältnis begründet werden. Arbeitszeiten waren detailliert vertraglich festgelegt und orientierten sich an dem bisherigen Betrieb der Praxis.

Nach einer Auseinandersetzung kündigte die Ärztin den Praxisvertretungsvertrag, wogegen der Vertretungsarzt vor dem Arbeitsgericht klagte. Dabei war bereits ist die Zuständigkeit des Arbeitsgericht strittig, weil der Praxisvertreter kein Arbeitnehmer gewesen sei.

Dies sah das Landesarbeitsgericht Köln aber anders.

Nach dem Gericht setze die Arbeitnehmereigenschaft voraus, dass die Person in den Diensten der beklagten Partei zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung aller Umstände  kommt es unter anderem auf die die Möglichkeit der freien Zeiteinteilung, des Einsatzes eigener Betriebsmittel, eigener Angestellter, das Vorhandensein eines unternehmerischem Risiko an. Eine feste Verkehrsanschauung hinsichtlich des Status von Vertretungsärzten sei nach dem Gericht zwar nicht festzustellen, aber es sei nach der gebotenen Gesamtbetrachtung vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen.

Danach bestand für den Vertretungsarzt keine Berechtigung zur freien Zeiteinteilung, weil die Lage der Arbeitszeiten und Dauer der Pausen im Vertretungsvertrag vorgegeben gewesen sei. Aufgrund der vertraglich festgelegten Arbeitszeiten sei es dem Vertretungsarzt auch faktisch nicht möglich gewesen, in beachtlichem Umfang für weitere Auftraggeber tätig zu sein und dementsprechend werbend am Markt aufzutreten. Die medizinische Weisungsungebundenheit spräche nicht gegen eine abhängige Beschäftigung, weil sie dem Arztberuf eigen sei. Ferner sei der Vertretungsarzt in die Arbeitsabläufe der Praxis voll eingegliedert gewesen und habe arbeitsteilig mit dem dortigen Personal zusammengearbeitet. Kein eigenes unternehmerisches Risiko habe für den Vertretungsarzt nicht vorgelegen.

Die Entscheidung folgt der herrschenden Auffassung zur Beschäftigung von Honorarärzten in medizinischen Einrichtungen, leidet aber an einer erheblichen Schwäche, denn es fehlt eine vollständige Auseinandersetzungen mit den Anforderungen einer Vertretung im Rahmen des Vertragsarztrechts. Denn das System der Vertretung von Vertragsärzten baut auf einer freiberuflichen Tätigkeit des Vertretungsarztes auf. Eine Verknüpfung zwischen einem genehmigungsbedürftigen angestellten Arzt und einem „bloßen“ Praxisvertreter sieht das Vertragsarztrecht nicht vor. Insgesamt erscheint die unterschiedliche arbeitsrechtliche / sozialversicherungsrechtliche Bewertung des Vertretungsarztes problematisch.

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