Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen bei Bezeichnung einer Partei als „Gegenseite“?

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Die Maßstäbe nach denen Ärzte als gerichtliche Gutachter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, sind immer noch sehr unterschiedlich.

Das OLG Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 13.07.2018 (- 8 W 49/17 -) die Besorgnis der Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen bejaht, weil dieser in seiner Stellungnahme zum Ablehnungsgesuch einer Partei diese durchgängig als „Gegenseite“ bezeichnet hatte.

Das Gericht nahm an, dass die durchgängige Bezeichnung einer Partei als „Gegenseite“ in der Stellungnahme durch den Sachverständigen den Anschein erweckt, dieser sehe sich in einem kontradiktorischen Streitverhältnis zu dieser Partei Die neunmal gebrauchte Formulierung „Gegenseite“ impliziere auch bei vernünftiger Betrachtung nach dem OLG Frankfurt am Main, dass der Sachverständige sich in einem Streit mit der Partei wähnt, bei dem diese auf der anderen Seite – eben der Gegenseite – stehe. Maßgebend ist, dass die Partei damit nicht mehr darauf vertrauen kann, dass der Sachverständige beiden Parteien in gleicher Weise unparteiisch gegenübersteht.

Dagegen soll auch die Bezeichnung eines aus Sicht des gerichtlichen Sachverständigen unzutreffenden und fernliegenden Vortrags einer Partei als „Unsinn“ keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. dazu etwa LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.02.2015 – 2 WF 409/14 –).

Die Entscheidungen zur möglichen Befangenheit gerichtlicher Sachverständige wegen ungerechtfertigter Herabsetzungen einer Partei häufen sich und stellen mittlerweile offenbar ein beliebtes Mittel dar, unliebsame Gutachter zu ersetzen. Auf der anderen Seite ist auch festzustellen, dass die durchaus berechtigte Rüge der inhaltlichen Qualität vieler medizinischer Gutachter von den Sachverständigen oft als persönlicher Angriff auf ihre Kompetenz empfunden wird (vgl. dazu etwa KG Berlin, Beschluss vom 01.02.2018 – 10 W 21/18 –; OLG Dresden, Beschluss vom 25.01.2010 – 9 U 2258/05 –). Die Bewertungen der jeweils beanstandeten Äußerungen von gerichtlichen Sachverständigen durch die Gerichte fallen dabei sehr unterschiedlich aus und stellen jeweils Einzelfallentscheidungen dar.

Am besten ist allen Beteiligten gedient, wenn die gerichtlichen Sachverständigen die Versuche von Parteien, sie persönlich anzugreifen, schlicht ignorieren und sich allein zu den Sachfragen zu äußern. Ob dabei allein die Bezeichnung einer Partei als „Gegenseite“ in einer Stellungnahme zu einem Befangenheitsgesuch für die Annahme der Besorgnis der Befangenheit schon ausreicht, erscheint zweifelhaft, insbesondere weil der Sachverständige sich in der Stellungnahme naturgemäß gegen Angriffe einer Partei rechtfertigt und insoweit die Partei in gewisser Weise auch die „Gegenseite“ ist.

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