Gerichtsstand bei ambulanter Behandlung

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An welchem Gericht muss ein Arzt auf Zahlung des privatärztlichen Honorars gegen seinen Patienten klagen? Welcher Gerichtsstand ist entscheidend?

Diese Frage ist leider immer noch nicht abschließend geklärt, was zu Diskussionen über die örtliche Zuständigkeit der Gerichte führt, wenn der Arzt an dem Gericht klagt, das für den Sitz seiner Praxis zuständig ist.

Für die stationäre Behandlung im Krankenhaus hat der BGH bereits entschieden, dass aufgrund eines einheitlichen Leistungsorts nach § 29 ZPO auch für die Honorarklage des Krankenhauses ein Gerichtsstand am Sitz des Krankenhauses begründet ist (BGH, Versäumnisurteil vom 08.12.2011 – III ZR 114/11 –). Diese Ansicht begründet der BGH damit, dass der Schwerpunkt der dem Patienten zu erbringenden Leistungen am Ort des Krankenhauses liegt. Das wird nach dem BGH nicht dadurch in Frage gestellt, dass unter Umständen einzelne Leistungen auf Veranlassung des Krankenhauses oder der zur selbständigen Liquidation berechtigten Ärzte von Dritten oder von Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses erbracht werden. Es kommt nach Ansicht des BGH hinzu, dass der Patient zwar nicht die rechtliche Pflicht hat, sich am Ort des Krankenhauses der vorgesehenen Behandlung zu unterziehen. Er kann die Behandlung aber nur dort entgegennehmen. Soweit seine Mitwirkung erforderlich ist, wird sie am Ort des Krankenhauses benötigt. Die gesamte Durchführung des Vertrags ist an seine persönliche Anwesenheit im Krankenhaus gebunden. Insofern ist der Natur des Schuldverhältnisses eigen, dass sich der Patient am Ort des Krankenhauses zur Behandlung bereit hält und zustimmend mitwirkt. Das rechtfertigt nach dem BGH die Annahme eines einheitlichen Leistungsorts für alle Vertragspflichten.

Das Amtsgericht Münster sieht dies in einer aktuellen Entscheidung vom 15.01.2019 (– 48 C 3429/18 –) für die ambulante Behandlung anders und lehnt einen einheitlichen Erfüllungsort am Sitz der Praxis ab.

Die Auffassung, die die örtliche Zuständigkeit am Ort der Behandlung begründen will, erscheint nach der Ansicht des Gerichts bedenklich, weil sie in letzter Konsequenz in weiten Bereichen für die Geltendmachung von Geldschulden aus einem gegenseitigen Vertrag zu einem „Klägergerichtsstand“ führe. Dies sei aber mit der Systematik und den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in der ZPO zum Schutz des mit der Klage Überzogenen nicht vereinbar.

Der Honoraranspruch des Arztes werde nach Ansicht des Amtsgerichts Münster zudem regelmäßig gerade nicht entsprechend einer tatsächlichen Übung wie beim klassischen Ladengeschäft sogleich an Ort und Stelle beglichen. Vielmehr zahlen die Krankenkassen und die Patienten typischerweise das Entgelt erst nach Rechnungsstellung bargeldlos von ihrem Sitz bzw. Wohnsitz aus. Dass die Leistung des Arztes regelhaft in seiner Praxis stattfindet, stelle nach Meinung des Amtsgericht Münster keine so besondere Situation dar, dass sie zwingend den Honoraranspruch auch an diesem Ort erfüllbar machen würde. Ein Grund für die Privilegierung von Ärzten und Krankenhäusern gegenüber anderen Dienstleistern sei nicht erkennbar. Der Gesetzgeber habe die Folgen des Leistungsortes der Geldschuld für den Gerichtsstand bedacht und sich gerade aus diesem Grunde für die Ausgestaltung als Schickschuld entschieden. Es laufe daher dem Sinn und Zweck von § 270 Abs. 1 BGB zuwider, wenn die Rechtsprechung unter Hinweis auf die „vertragstypische Leistung“ faktisch häufig den Gläubigersitz zum Gerichtsstand mache.

Die Entscheidung des Amtsgericht Münster erstaunt, weil sie sich nicht mit den Gründen der zitierten BGH-Rechtsprechung zum einheitlichen Gerichtsstand bei der stationären Behandlung auseinandersetzt, welche eigentlich vollständig auf die ambulante Behandlung in der Arztpraxis übertragen werden können. Die enge Verknüpfung der Leistungen am Sitz der Praxis spricht danach eigentlich für sich, wobei es dann gerade nach der vom BGH vorgenommenen Wertung nicht entscheidend darauf ankommt, dass die Rechnungen später bargeldlos und ggf. auch von Dritten gezahlt werden. Soweit das Gericht die grundsätzliche Abweichung vom gesetzlichen Gerichtsstand bei Geldschulden als Schickschulden am Wohnsitz des Beklagten kritisch hinterfragt, ist dem entgegenzuhalten, dass die Besonderheit des einheitlichen Leistungsortes auch hier aus der Besonderheit des Vertragsverhältnisses über die Behandlung zwischen Arzt und Patient folgt, welches sich eben nicht ohne weiteres mit dem „normalen“ gegenseitigen Verträgen zu vergleichen ist. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH kann daher auch für die Vergütungsansprüche aus ambulanter Behandlung ein Gerichtsstand am Sitz der Praxis begründet werden. Die aktuelle Entscheidung des Amtsgerichts Münster überzeugt nicht.

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