IMRT-Abrechnung über den Steigerungssatz von 1,3 zulässig

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Derzeit sind noch zahlreiche Verfahren über die Abrechnung der sog. Intensitätsmodulierten Strahlentherapie anhängig, weil immer noch viele Krankenversicherungen die Abrechnung der Behandlungen mit der GOÄ-Ziffer 5855 A nach § 6 Abs. 2 GOÄ nur zum 1,3fachen Steigerungssatz nach § 5 Abs. 2 und 3 GOÄ anerkennen.

Diese Abrechnungsbegrenzung beruht auf einer Abrechnungsempfehlung des Bundesverbandes Deutscher Strahlentherapeuten – BVDST  – e.V. in Abstimmung mit dem PKV-Verband e.V., ist aber für alle Beteiligten eine rechtlich unverbindliche Empfehlung. Dennoch wird diese Abrechnungsempfehlung seitens der privaten Krankenversicherungen als Instrument für zahlreiche Rechnungskürzungen verwendet.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nun in einem Beschluss vom 02.02.2023 (- 13 U 71/22 -) nach § 522 Abs. 2 ZPO eine Berufung eines durch die Krankenversicherung vertretenen Patienten zurückgewiesen,  nach dem das erstinstanzliche Urteil den Patienten zur vollständigen Zahlung der ärztlichen Rechnung verurteilt hatte (Landgericht Freiburg im Breisgau vom 23.03.2022 – 1 O 302/19 -).

Dabei ging das Gericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens davon aus, dass es sich um eine durchschnittlich schwierige IMRT-Bestrahlung handelte, die daher nach den Vorgaben des Verordnungsgebers in § 5 GOÄ ohne Ermessensfehlers bis zum Steigerungssatz von 1,8 abgerechnet werden könne, so dass die Abrechnung des streitgegenständlichen 1,5fachen Steigerungssatzes unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden wäre (vgl. dazu BGH, Urteil vom 08.11.2007 – III ZR 54/07 –).

Die Abrechnungsempfehlungen des BVDST e.V. schränken nach Ansicht des OLG Karlsruhe das pflichtgemäße Ermessen des Arztes bei der Bemessung des Steigerungsfaktors nach § 5 GOÄ nicht ein. Zwar ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich Ärzte an derartigen Abrechnungsempfehlungen orientieren, allerdings begründet eine Abweichung von den Abrechnungsempfehlungen keinen Beleg dafür, dass der Arzt das ihm eingeräumte Ermessens fehlerhaft ausgeübt habe. Daran ändere auch nichts, dass die Abrechnungsempfehlungen von anderen Strahlentherapeuten üblicherweise eingehalten werden.

Die Entscheidung ist zu begrüßen, entspricht einer Vielzahl gleichlautender Entscheidungen und dient hoffentlich dazu, dass die privaten Krankenversicherungen einsehen, dass die einseitigen Rechnungskürzungen unter Hinweis auf die Abrechnungsempfehlungen des BVDST e.V. rechtlich nicht zu rechtfertigen sind, insbesondere wenn die entsprechenden Ärzte für durchschnittlich aufwendige Behandlungen nicht einmal den Schwellenwert von 1,8 abrechnen und damit sogar noch unter der vom Verordnungsgeber für gleichwertige Bestrahlungsbehandlungen vorgesehenen Vergütung bleiben.

Für Rückfragen zu diesem oder einem anderen medizinrechtlichen Thema stehen wir Ihnen gerne telefonisch unter 0681-3836580 oder per E-Mail unter ra@ra-glw.de zur Verfügung. Besuchen Sie auch unsere Internetseite http://www.ra-glw.de

Meinungen zu diesem Beitrag

  1. Lothar Wisser am

    Ist ja schön, aber den Krankenkassen ist das ja schon lange egal und ich will meine Patienten nicht in einen Rechtsstreit treiben. Krebspatienten haben besseres zu tun

  2. Dr. Florian Wölk am

    Sehr geehrter Herr Wisser,

    vielen Dank für den Kommentar und mit Blick auf die Situation der Patienten ist Ihre Haltung natürlich verständlich. Aber diese Haltung stärkt natürlich die Position der Krankenversicherungen und unterstützt das aktuelle „Preisdumping“ in der Radioonkologie, was letztlich genau die Versorgungssicherheit der Patienten mit modernen Bestrahlungsverfahren gefährdet, die Sie im Blick haben. Denn moderne Strahlentherapie ist in vielen Einrichtungen nicht mehr kostendeckend zu betreiben, so dass auch weitere Investitionen in neue und kostenintensive Verfahren unterbleiben. Hier besteht eine gemeinsame Verantwortung, der sich die Kostenträger aus unserer Sicht mit den „Pauschalpreisvereinbarungen“ mit einzelnen Berufsverbänden entziehen wollen. Letztlich nehmen die Krankenversicherungen ihre Versicherten in „Geiselhaft“ und setzen gerade darauf, dass die Leistungserbringer den gerichtlichen Weg gegen die Patienten aus Rücksichtnahme scheuen. Dabei wäre es auch möglich, dass die Krankenversicherungen den Patienten die Abtretung der Erstattungsansprüche an die Ärzte und medizinischen Einrichtungen erlauben, so dass diese gebührenrechtliche Problematik direkt zwischen Leistungserbringer und Kostenträger geklärt werden kann. Unsere alltägliche Erfahrung ist aber, dass viele Krankenversicherung gerade diesen einfachen Weg verweigern und damit die Ärzte zwingen, die Patienten direkt zu verklagen. Werden die schwerstkranken Patienten in den Blick genommen, ist dieses Vorgehen nicht verständlich, kalkuliert aber genau Ihre Haltung mit ein.

    Mit freundlichen Grüßen

    Florian Wölk

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